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Kritik an Putins Tschetschenien-Politik

17. März 2005

Der Tod des Tschetschenenführers Maschadow wurde von Präsident Putin als Erfolg bewertet. Auf einer Veranstaltung des Deutsch-Russischen Forums in Berlin zeigte sich: seine Tschetschenien-Berater sind anderer Meinung.

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Auch der Wiederaufbau in Tschetschenien kommt nur schleppend voranBild: AP

Das innenpolitische Hauptthema in Russland ist weiterhin die Tötung des tschetschenischen Separatistenführers Aslan Maschadow; vor allem die unklaren und widersprüchlichen Umstände seines Todes. "Die Vernichtung von Beweisen" – unter dieser Überschrift erschien ein Artikel in der russischen Zeitung Kommersant. Wie auch andere russische Zeitungen bezweifelt das Blatt die offiziellen Erklärungen zu den Todesumständen Maschadows.

"Maschadow war ein ehrlicher Mensch"

Maschadows Tod war auch eines der Hauptthemen einer Veranstaltung in Berlin. Auf Initiative des Deutsch-Russischen Forums sprachen in Berlin die Tschetschenien-Berater des russischen Präsidenten, Aslambek Aslachanow und Anatolij Pristawkin. Sie äußerten Ansichten, die mit dem offiziellen Standpunkt ihres Vorgesetzten nicht übereinstimmen.

"Ich habe Maschadow oft getroffen, und ich hatte immer das Gefühl, dass er das Volk bedauert", sagte Aslachanow. Er fügte hinzu, dass sich vieles hätte klären können, wenn es Maschadow gelungen wäre, sich mit Präsident Putin zu treffen. Auch Pristawkin ist Maschadow oft begegnet: "Er war ein bemerkenswerter und ehrlicher Mensch. Ich kann nicht sagen, dass sich meine Haltung ihm gegenüber nach Beslan verändert hat. Ich würde gerne wissen, was er damit zu tun hatte. Wenn er schuldig war, dann hätte ich ihn lebend gebraucht. Ich vermute, dass jemand an seinem Tod interessiert war", unterstrich Pristawkin. In Berlin forderten Aslachanow und Pristawkin, die Leiche Maschadows den Angehörigen zur Beisetzung zu übergeben.

Von Wiederaufbau keine Spur

Putins Berater teilen auch nicht die Äußerungen des russischen Präsidenten, wonach sich die Lage in Tschetschenien normalisiere. "In Tschetschenien gibt es über 200.000 junge Menschen, die offiziell als arbeitslos gemeldet sind. Anderen Angaben zufolge gibt es über 500.000 Arbeitslose. Mit Arbeit versorgt sind in Tschetschenien nur 112.000 Menschen", sagte Pristawkin. Er fügte hinzu, dass vom städtischen Wohnungsbau für das gesamte zerstörte Tschetschenien nur 32 Häuser errichtet worden seien.

"Kein Platz für Gräber mehr"

Aslachanow machte auf folgendes aufmerksam: "Bis heute fühlen sich die friedlichen Einwohner der Tschetschenischen Republik nicht als vollberechtigte Bürger. Das Kommando haben bewaffnete Männer. Die einfachen Tschetschenen leiden unter diesen so genannten Werwölfen, die bewaffnet wurden, um das Volk zu schützen". Er sagte ferner, in Tschetschenien habe jede Familie Angehörige verloren. "In den Dörfern fehlt bereits Platz für Gräber", so Aslachanow.

Nikita Jolkver
DW-RADIO/Russisch, 15.3.2005, Fokus Ost-Südost