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Kritik aus Usbekistan an ausländischen Medien

6. Oktober 2005

Während im Obersten Gericht Usbekistans Personen wegen Beteiligung an den Mai-Unruhen in Andischan angeklagt sind, verurteilt die usbekische Presse die Berichterstattung ausländischer Medien, auch der Deutschen Welle.

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UsbekistanBild: APTN

In der Zeitung Narodnoje slowo (Volkswort) vom 28. September ist ein Artikel mit der Überschrift "‘Objektive‘ Journalisten" erschienen. Der Autor Junus Buronow empört sich darüber, dass westliche Journalisten "freiwilligen Geständnissen der Angeklagten" keine Beachtung schenkten. Den Grund dafür sieht er darin, dass diese Informationen "für ‚professionelle‘ Zeitungen zweifelsohne eine kränkende Ohrfeige" wären. Der usbekische Journalist wendet sich unter anderem an die BBC mit den Worten: "Warum erstaunt Sie, dass die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft mit den Geständnissen übereinstimmt? Die Anklageschrift ist nicht erfunden und hat nichts mit den Veröffentlichungen gemein, die Sie pausenlos fabrizieren."

Buronow zitiert in seinem Artikel den Angeklagten Mujdin Sabirow, der ausgesagt hatte, die Anhänger der religiösen Bewegung Akromija hätten geplant, in Usbekistan einen islamischen Staat zu errichten. Sie hätten ferner ihre Pläne vorab ausländischen Medien mitgeteilt. Das, so Buronow, versetze angesehene Nachrichtenagenturen in eine sehr schwierige Lage. Buronow äußert sich abschließend in seinem Artikel enttäuscht über seine ausländischen Kollegen, die negieren würden, was offensichtlich sei. Er schreibt: "Ihre verbalen Fantasien und Hirngespinste zu diesem Thema erinnern immer mehr an das bekannte Kindermärchen über den weißen Jungbullen."

Kritik gegen Deutsche Welle

In der Zeitung Golos Usbekistana (Stimme Usbekistans) berichtet Chefredakteur Safar Ostonow in einem langen Artikel seinen Lesern von der "verwerflichen Rolle" ausländischer Journalisten bei der Berichterstattung über die Ereignisse in Andischan im Mai dieses Jahres. Ihm zufolge ist die Deutsche Welle in ihren Mutmaßungen zu den Ermittlungsmethoden weiter gegangen als alle anderen Medien. Ostonow äußert sich unzufrieden über einen Sendebeitrag der Deutschen Welle, in dem die Vermutung laut wurde, Angeklagte könnten gefoltert worden sein, um Geständnisse zu erzwingen.

Vorwürfe gegen Radio Liberty

Ein Mitarbeiter des Senders Radio Liberty, der ungenannt bleiben möchte, sagte der Deutschen Welle, einer der Angeklagten habe diese Woche Journalisten des Taschkenter Büros von Radio Liberty vorgeworfen, sie seien über die Ereignisse in Andischan vorab informiert gewesen. Mehr noch, sie hätten die Menschen in Andischan zum Einsatz von Waffen angespornt. Der Angeklagte soll außerdem gesagt haben, die Meuterer hätten eine Geisel, einen Mitarbeiter der Miliz, gewaltsam gezwungen, am 13. Mai über Telefon Unwahrheiten im Äther des Senders zu verbreiten. Der Milizionär soll in dem Telefonat zugegeben haben, auf unbewaffnete Menschen geschossen zu haben. Der Journalist von Radio Liberty erklärte hingegen der Deutschen Welle, ein derartiges Geständnis eines Milizionärs sei nie gesendet worden.

Beschuldigungen gegen BBC-Journalistin

Die BBC-Journalistin im Fergana-Tal, Matljuba Asamatowa, die kurz nach den Ereignissen in Andischan Usbekistan verlassen musste, weil sie von den Behörden des Landes verfolgt wurde, teilte Journalisten mit, mindestens vier Angeklagte würden sie vor Gericht beschuldigen, Terroristen behilflich gewesen zu sein. Im Mai habe sie die nun angeklagten Personen in einer Sendung zitiert. Damals hätten sie gesagt, sie seien gewöhnliche Geschäftsleute und keine Akromija-Anhänger. Heute, so Asamatowa, würden sie das Gegenteil behaupten.

Natalja Buschujewa, Taschkent
DW-RADIO/Russisch, 2.10.2005, Fokus Ost-Südost