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Journalist getötet

1. September 2008

In der russischen Teilrepublik Inguschetien ist der regimekritische Journalist Magomed Jewlojew erschossen worden. Die russischen Behörden sprechen von einem Unfall, Jewlojews Kollegen von Mord.

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Screenshot www.ingushetiya.ru
Umstände des Todes von Magomed Jewlojew sind unklarBild: Reporter Ohne Grenzen

Als Magomed Jewlojew am Sonntag (31.08.2008) am Flughafen von Nasran in der russischen Provinz Inguschetien landete, wurde er bereits von der russischen Polizei erwartet. Informationen des Rundfunksenders Moskauer Echo zufolge war der Betreiber des regimekritischen Internetdienstes www.ingushetiya.ru in einer Maschine zusammen mit dem inguschetischen Präsidenten Murat Sjasikow unterwegs gewesen.

Nach der Landung der Maschine wurde Jewlojew noch auf dem Rollfeld von der Polizei verhaftet, angeblich im Zuge von Ermittlungen wegen eines Anschlags. Der Journalist musste in ein Polizeiauto steigen und wurde weggebracht. Später fand man ihn am Straßenrand, mit einer Schusswunde im Kopf. Man brachte ihn ins Kranknehaus. Jewlowjew starb noch auf dem Operationstisch. Soviel scheint sicher. Über das, was zwischen der Festnahme und dem Auffinden Jewlojews passierte, gehen die Darstellungen allerdings stark auseinander.

Zweifel an Darstellung der Polizei

Die russischen Behörden sprechen von einem tödlichen Zwischenfall. Der Journalist sei versehentlich erschossen worden. Das meldet die russische Nachrichtenagentur Interfax. Es habe ein Handgemenge in dem Auto gegeben. Dabei löste sich aus der Waffe eines Polizisten ein Schuss, der Jewlojew in die Schläfe traf. Man habe Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung eingeleitet, hieß es von der russischen Staatsanwaltschaft.

Jewlowjews Kollegen bezweifeln allerdings, dass die Tötung auf Fahrlässigkeit beruht und auch sein Anwalt, Kaloi Achilgow, ist skeptisch. Jewlojew sei während der Fahrt in den Kopf geschossen worden, erklärte er, und dann habe man ihn aus dem Auto geworfen. Die von Jewlojew betriebene Internetzeitung www.ingushetiya.ru meldete, der Journalist sei ermordet worden.

Erinnerungen an Politkowskaja

Er wäre nicht der erste kritische Journalist, der in Russland einem Mordanschlag zum Opfer fällt. Vor zwei Jahren sorgte der Mord an der regimekritischen Reporterin Anna Politkowskaja weltweit für Schlagzeilen und Kritik an der russischen Regierung.

Auch Jewlojew war den Behörden ein Dorn im Auge. Mehrmals hatte er in seiner Internetzeitung den Kreml-treuen inguschetischen Präsidenten Murat Sjasikow heftig kritisiert. Auch mit Kritik an der Behandlung von Zivilpersonen durch die inguschetische Polizei brachte Jewlojew die Regionalbehörden gegen sich auf. Ihm wurde vorgeworfen, er habe Massenunruhen in Inguschetien organisiert. Ein Gericht hatte im Juni befohlen, seine Website zu schließen, da sie extremistische Ansichten verbreite. Die Seite erschien aber unter einem anderen Namen erneut.

Dass die russischen Behörden die Mitarbeiter des kritischen Internetdienstes offenbar stark unter Druck setzten, zeigt auch das Beispiel von Jewlojews Kollegin Rosa Malsagowa. Vor einigen Wochen floh sie aus Angst um sich und ihre Familie nach Europa und bat dort um politisches Asyl.

Russische Bürgerrechtler zeigten sich schockiert über den Tod Jewlojews und forderten eine lückenlose Aufklärung. Ljudmila Alexejewa von der Moskauer Helsinki-Gruppe sprach von einem "enormen Verlust". Alexander Tscherkassow von der Organisation

Memorial sagte, der Schuldige müsse zur Verantwortung gezogen werden. (har)