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Kroatien: „Ein Auge zugedrückt“ wird nicht

26. Oktober 2006

Wann kommt Kroatien in die EU? Das Land möchte lieber heute als morgen, aber daraus wird nichts. Auch ein Vergleich mit Bulgarien und Rumänien ist schwierig, erläutert Josip Juratovic, Bundestagsabgeordneter der SPD.

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In die Europäische Union ist es weitBild: Illuscope

"Was Bulgarien und Rumänien betrifft, so freut es mich, dass sie der Europäischen Union beitreten werden", sagt der kroatischstämmige SPD-Bundestagsabgeordnete Josip Juratovic im Gespräch mit DW-RADIO. "Auch Kraotien befindet sich in einem positiven Prozess der Annäherung." Juratovic ist Mitglied des Europapolitischen Bundestagsausschusses. In diesem Amt kümmert er sich besonders um die für Anfang 2007 anstehende Erweiterung der EU.

Bundesregierung: Erst vertiefen, dann erweitern

Was der EU-Beitritt von Rumänien und Bulgarien für den Status Kroatiens bedeuten könne, wollte DW-RADIO von Juratovic wissen. "Im Bundestag wurde natürlich auch über eine nochmalige Erweiterung der EU gesprochen", erklärt er, "die deutsche Haltung dazu ist: Eine Erweiterung kommt erst nach der notwendigen Vertiefung in Betracht." Das heißt im Klartext: nicht vor der Verabschiedung einer EU-Verfassung. Die dafür gewünschte Frist läuft bis 2009. Außerdem müsse darüber gesprochen, was Kroatien noch zu leisten habe, um bei der nächsten Erweiterungsrunde dabei zu sein.

Notwendige Reformen stehen noch aus

Juratovic meint, es könne unter Umständen schwierig werden für Kroatien. "Wir haben bei den Verhandlungen mit anderen Beitrittskandidaten die Erfahrung gemacht, dass es vor allem im Bereich der Gesetzgebung viele Probleme gibt", sagt Juratovic. "Das ist auch in Kroatien ähnlich." Gemeint sind vor allem die notwendige Reform des Justizwesens und der Kampf gegen die Korruption. "Durch die Erfahrungen, die wir mit Bulgarien und Rumänien gemacht haben, werden wir jetzt bei Kroatien noch genauer hinsehen", kündigt Juratovic an. "Deshalb ist es sehr wichtig, dass sich Kroatien rechtzeitig und intensiv um diese Fragen kümmert."

Gutnachbarschaftliche Beziehungen

Was die Kopenhagener Kriterien betreffe, so müsse man in Betracht ziehen, was sie für die Zusammenarbeit mit den Nachbarländern bedeuten. In Kopenhagen wurde festgelegt, dass die Europäische Union vor allem ein tiefgreifendes Friedensprojekt ist, sagte Juratovic. Man werde in Zukunft stark auf die internationalen sowie regionalen gutnachbarschaftlichen Beziehungen achten. Im Kontext dessen müsse man eine sinnvolle Zusammenarbeit aufbauen. Dies sei für Kroatien nach den letzten Krisen auf dem Balkan besonders wichtig.

Keine falschen Hoffnungen machen

"Bulgarien und Rumänien können für die Aufnahme Kroatiens in die Europäische Union nur in begrenztem Maß als Modell dienen", fasst Juratovic zusammen. Auf die Frage, ob es denn Anzeichen dafür gebe, dass eventuell - wie eben auch bei Rumänien und Bulgarien - bei Kroatien auf irgendeine Weise "ein Auge zugedrückt werden" könne, mahnte Juratovic vor überzogenen Erwartungen. "Das sind falsche Hoffnungen, die kann und darf man nicht hegen. Es wird erwartet, dass Kroatien die Beitritts-Voraussetzungen erfüllt - vor allem für sich selbst. Und nicht nur für die EU." Maßgeschneiderte "Sonderlösungen" als Ersatz für nicht erledigte Reformen werde es nicht geben.

Lidija Klasic
DW-RADIO/Kroatisch, 20.10.2006