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Titos Yacht soll Museum werden

23. April 2009

Die Luxusyacht des ehemaligen kommunistischen jugoslawischen Staats- und Parteichefs Josip Broz Tito verrostet seit Jahren in einer kroatischen Werft. Jetzt soll die „Möwe“ unter den Hammer kommen.

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Galeb im Glanz der alten Tage

„Ich bin weder Kommunist noch befürworte ich, was Tito getan hat, aber ich mag die ‚Möwe’ als Schiff und es wäre schade, wenn sie verschrottet würde“ sagt Kapitän zur See, Zeljko Matejcic. Er bewacht die seit Jahren im Trockendock liegende „Möwe“. Mit ihr fuhr Tito über die Weltmeere in die Dritte Welt, in der heimatlichen Adria empfing er auf der Yacht Staatsmänner und die damaligen Jet-Setter. Auf dem Schiff wurde 1956 die Idee der Blockfreien Staaten geboren, die Tito dann zusammen mit Indiens Regierungschef Nehru und Ägyptens Präsident Naser umsetzte. Doch das Stück schwimmende Geschichte verrostet nunmehr seit Jahren in der Werft „Viktor Lenac“ in Rijeka.

Nutzung für die Sommer- und Wintersaison

Die Yacht von 117 Meter Länge soll jetzt versteigert werden. In Kroatien hofft man, dass die Stadt Rijeka neuer Schiffseigner wird. Da die „Möwe“ – kroatisch Galeb – zum Kulturgut erklärt wurde, haben der Staat Kroatien bzw. die Stadt Rijeka ein Vorkaufsrecht. Der Wert der Yacht liegt bei schätzungsweise über 275.000 Dollar. Das Mindestgebot ist auf 150.000 Dollar festgesetzt. Der Bürgermeister von Rijeka, Vojko Obersnel, sagte der Deutschen Welle: „Wenn es uns gelingt, das Boot zu ersteigern, werden wir es wieder instand setzen. Es soll ein einzigartiges Museum werden, das im Hafen von Rijeka vor Anker liegt.“ Den Planungen zufolge wird neben dem Museum an Bord auch ein kommerziell genutzter Bereich mit Konferenzsaal und Gastronomie eingerichtet. „Falls wir einen Partner finden und das Schiff seetauglich gemacht wird, könnte man es im Sommer als Luxusyacht mieten und im Winter als Museum nutzen“, so Obersnel.

Vom Bananenkutter zur Luxusyacht

Die „Möwe“ blickt auf eine wechselvolle Geschichte zurück. Das Schiff war ursprünglich ein italienisches Handelsschiff zum Transport von Südfrüchten. Hitlers Kriegsmarine funktionierte es in einen Minenleger um. 1944 wurde es von den Alliierten vor Rijeka versenkt. Nach dem Krieg wurde das Schiff als Kriegsbeute geborgen und umgestaltet. So wurde die „Möwe“ Teil von Titos Image: „Schiff des Friedens“ genannt, fuhr er damit zu Staatsbesuchen und empfing politische Größen wie Winston Churchill und Nikita Chruschtschow, aber auch Hollywood-Stars wie Elizabeth Taylor, Richard Burton und Sofia Loren. Seit Titos Tod 1980 hat niemand mehr in seiner Kabine genächtigt. Die „Möwe“ diente fortan als Schulschiff – bis zum Zerfall Jugoslawiens Anfang der 1990er Jahre. Kapitän war zu dem Zeitpunkt Dragan Miro Juric. Er ist bis heute stolz, Kommandeur der „Möwe“ gewesen zu sein: „Schließlich konnten nur die Besten Seeleute werden.“

Von wegen Schnäppchenpreis

Die Geschichte geht noch weiter: Im Jahr 2000 wurde das Schiff an einen US-Griechen verkauft, den Reeder John Paul Papanicolau. Er war bereits Eigner der Yacht „Christine O.“ von Onassis. Beide Schiffe brachte er in die Werft Viktor Lenac in Rijeka, um sie zu Luxusyachten umbauen zu lassen. Doch die Geschäfte von Papanicolau gingen schlecht, und so rostet die einst so stolze „Möwe“ vor sich hin.

Nun kommt sie unter den Hammer. Das Mindestgebot von 150.000 Euro mutet auf den ersten Blick wie ein Schnäppchenpreis an, doch so richtig teuer wird es wohl erst nach dem Kauf. 30 bis 40 Millionen Euro müssten investiert werden, um es zu einem seetüchtigen Luxusschiff umzubauen, sagen Fachleute. Vergleichsweise günstig scheint es, das Schiff zum Museum plus kommerzieller Nutzung umzubauen. Kostenpunkt: fünf bis zehn Millionen Euro.

Autor: Goran Vezic / Mirjana Dikic

Redaktion: Birgit Görtz