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Kroatiens Präsident Mesic: "Vereinigung Europas ist Schicksal und Wunsch"

24. November 2005

Auf einem Europa-Forum der BMW-Quandt-Stiftung hat Präsident Stjepan Mesic den kroatischen Wunsch nach einem EU-Beitritt bekräftigt und seine Vision des vereinten Europas vorgestellt.

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Bundespräsident Horst Koehler begruesst seinen kroatischen Amtskollegen in BerlinBild: AP

"Die Vereinigung Europas ist unser Schicksal und unser Wunsch", sagte Stjepan Mesic auf dem internationalen Europa-Forum der BMW-Quandt-Stiftung vergangene Woche in Berlin. "Zudem es ist eine Tatsache, dass nur ein vereintes Europa heute den USA, morgen China oder Indien ein Partner sein kann. In einem solchen Europa, das eine Einheit der Unterschiedlichkeiten sein wird, besteht dessen Identität aus der Zahl der nationalen Identitäten, aber es wird und darf auch nicht nur das sein. Die europäische Identität muss noch etwas mehr sein, sie muss eine zusätzliche Dimension der Gemeinsamkeit erhalten, wenn ich das so sagen darf, eine Dimension des neuen Europa."

Regatta, nicht Konvoi

Mit diesen Worten fasste der kroatische Präsident das Hauptthema des diesjährigen Europa-Forums der BMW-Quandt-Stiftung zusammen, einer internationale Konferenz, die sich in diesem Jahr mit den Perspektiven einer europäischen Identität für die Nachbarbevölkerungen befasste. Für alle potenziellen Aspiranten auf eine vollständige Mitgliedschaft in der Europäischen Union, so Mesic, gebe es keinen Zweifel, dass das gemeinsame europäische Gebilde nicht nur die einzige Alternative, sondern auch ein Garant für einen kontinuierlichen Frieden ist.

Stjepan Mesic lehnte ein Konvoi-Modell für die Aufnahme neuer EU-Mitgliedsländer ab: "Wir möchten den Beitritt nach dem Regatta-Modell: d.h. derjenige, der die Bedingungen als erster erfüllt, der tritt auch zuerst bei, denn wenn man nach dem Konvoi-Modell verführe, dann würden alle vom Letzten abhängen und das wäre für niemanden motivierend und auch Europa nicht entsprechen."

Beitrag zur Lösung von Problemen

Offenbar sei der Blick von außen auf die Union positiver als der von innen. Aber für Kroatien, so Mesic weiter, habe allein das Erreichen des Kandidatenstatus einen wichtigen Schritt zum Besseren bedeutet. Und das trotz der Tatsache, dass nicht jeder Kroate die Begeisterung für Brüssel teile - mancher aus Nationalismus, viele aus Angst vor Veränderungen.

Die europäische Orientierung Kroatiens wende sich auch nicht gegen regionale Initiativen, erklärte Mesic, im Gegenteil: "Wir sind gewillt, ohne irgendeine Einmischung in die inneren Fragen anderer unseren Beitrag zur Lösung von Problemen zu leisten, die sich in Südosteuropa als Hindernis erweisen"

Symbolische Geste zum Abschluss

Ein ausgewähltes internationales Publikum kam auf dem zweitägigen Berliner Europa-Forum zusammen. Unter anderen nahmen die ehemaligen deutschen und britischen Außenminister Hans-Dietrich Genscher und Douglas Hurd daran teil, neben Unternehmern wie August Oetker oder Unternehmensberatern wie Roland Berger. Die Rede des kroatischen Präsidenten wurde als klar, realistisch und nützlich bewertet.

Am Vortag hatte der türkische Außenminister Abdullah Gül gesprochen, für den der Beitritt zur Europäischen Union vor allem eine Möglichkeit für eine innere Modernisierung der Türkei darstellt. Der Präsident von Serbien und Montenegro, Svetozar Marovic, hatte sein Erscheinen abgesagt, angeblich, weil er nicht Bundespräsident Horst Köhler empfangen worden wäre - im Gegensatz zu Mesic, mit dem sich Köhler am Freitag zu einem Arbeitsessen traf. Anschließend eröffnete Mesic in Berlin eine Ausstellung archäologischer Schätze Istriens, die, wenn man nach dem Gedränge während der Eröffnung geht, gezeigt hat, dass es unabhängig von irgendwelchen politischen Kalkulationen möglich ist, durch ein interessantes Angebot Interesse zu wecken. Vor seiner Heimreise machte Stjepan Mesic noch eine wichtige symbolische Geste: er besuchte die Holocaust-Gedenkstätte.

Lidija Klasic
DW-RADIO/Kroatisch, 19.11.2005, Fokus Ost-Südost