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Schiedsverfahren möglich

23. März 2010

Ein jahrzehntelanger Grenzstreit kommt zum Ende. Das Verfassungsgericht in Ljubljana gibt grünes Licht für eine Einigung mit Zagreb. Damit ist ein großer Stolperstein für Kroatiens EU-Mitgliedschaft aus dem Weg geräumt.

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Karte Sloweniens und Kroatiens (Grafik: DW)
Umstrittenes Gewässer: die Bucht von PiranBild: DW

Das slowenische Verfassungsgericht gab am Dienstag (23.03.2010) grünes Licht für ein internationales Schiedsgerichtsverfahren. So soll ein Grenzstreit mit Kroatien beigelegt werden, der seit dem Zerfall Jugoslawiens 1991 schwelt. Damit könnte eines der größten Hindernisse auf Kroatiens Weg zur EU-Mitgliedschaft aus dem Weg geräumt werden. Zagreb möchte die Beitrittsverhandlungen mit der Union noch 2010 abschließen.

Slowenien streitet seit fast 20 Jahren mit Kroatien um die Seegrenze in der Bucht von Piran. Das Land beansprucht einen Zugang zur offenen See, den es derzeit nach den üblichen Regeln für die Bestimmung der Hoheitsgewässer nicht hat. Bislang müssen slowenische Schiffe italienische oder kroatische Gewässer durchfahren. Dabei geht es auch um Fischereirechte.

Schiffe im Hafen von Piran (Foto: Emir Numanovic)
Eine Entscheidung über die Zukunft der slowenischen FischereiBild: Emir Numanovic

Slowenien und Kroatien streiten auch um einen schmalen Landstreifen mit mehreren Dörfern auf Istrien, der durch eine Umleitung des Flusses Dragonja nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden war, und um ein von der slowenischen Armee genutztes Militärgelände, das auf kroatischem Territorium liegt.

Blockade der Beitrittsverhandlungen

Slowenien hatte Kroatiens Beitrittsverhandlungen mit der EU fast ein Jahr lang blockiert, da Zagreb in seinen Antragsunterlagen auch Karten eingereicht hatte, die einen Anspruch auf umstrittenes Territorium erhoben. Um die Blockade zu lösen, erklärte die kroatische Regierung, dass die strittigen Unterlagen in dem EU-Beitrittsantrag "keine präjudizierende Wirkung" hätten.

Kroatiens Premierministerin Jadranka Kosor und ihr slowenischer Amtskollege Borut Pahor (Foto: dpa)
Die Regierungschefs sind sich einigBild: picture alliance/dpa

Die Regierungen in Ljubljana und Zagreb einigten sich im September 2009 darauf, die Lösung des Grenzstreits an ein Schiedsgremium zu übergeben. Dieses soll mit je einem Delegierten beider Regierungen besetzt werden. Hinzu kommen ein Vorsitzender und zwei international anerkannte Rechtsexperten, die beide Regierungen gemeinsam aus einer Kandidatenliste auswählen sollen. Diese Liste sollen die EU-Kommission und der EU-Erweiterungskommissar gemeinsam entwickeln.

Einigung nach zähem Ringen

Am 04.11.2009 unterzeichneten die kroatische Premierministerin Jadranka Kosor und ihr slowenischer Amtskollege Borut Pahor in Stockholm das Abkommen, das unter der Schirmherrschaft des schwedischen Premiers und damaligen EU-Ratspräsidenten Fredrik Reinfeldt ausgehandelt wurde. Kurz darauf ratifizierte das kroatische Parlament das Dokument.

Die Bucht von Piran mit kleinen Schiffen im Vordergrund (Foto: dpa)
Umstrittenes Gewässer - Die Bucht von PiranBild: AP

Die Ratifizierung durch die Gesetzgeber in Ljubljana verzögerte sich jedoch aufgrund einer Verfassungsklage der Opposition. Nach dem Verfassungsgerichtsurteil steht jetzt einer Ratifizierung im Parlament nichts mehr im Weg.

Sloweniens Premier will kein Referendum

Nach dem Urteil erklärte Pahor, dass seine Mitte-Rechts-Regierung auf ein von der Opposition gefordertes Referendum über das Schiedsverfahren verzichten werden: "Ich bin sehr zufrieden und bin bereit die Ratifizierung im Parlament auch ohne Referendum anzustreben. Zunächst werde ich mit den Parlamentsparteien darüber sprechen," erklärte der Premierminister.

Die Opposition kündigte weiteren Widerstand gegen das Schiedsverfahren an. Beobachter warnten, dass die Wähler in einem Referendum die Einigung auch ablehnen könnten, obwohl bislang nach Umfragen 60 Prozent der Slowenen ein Schiedsverfahren befürworten. Veso Stojanov, Kommentator der Tageszeitung Delo, erklärte: "Falls das Referendum zu einer Abstimmung gegen die Regierung ausartet, die immer unpopulärer wird, könnte das Schiedsverfahren abgelehnt werden."

Autor: Fabian Schmidt (mit Reuters, AFP)
Redaktion: Julia Kuckelkorn