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Kroatische Regierung zerbrochen

3. Juni 2016

Seit Wochen steckt Kroatien in einer Regierungskrise. Jetzt ist das Ende der erst fünf Monate regierenden Koalition besiegelt. Schon bald könnte es in dem jüngsten EU-Mitgliedsland Neuwahlen geben.

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Kroatien Regierung zerbrochen Oreskovic
Bild: picture alliance/PIXSELL/P. Macek

Schon fünf Monate nach ihrem Amtsantritt ist die Regierung in Kroatien schon wieder am Ende. Die konservative Partei HDZ entzog dem parteilosen Regierungschef Tihomir Oreskovic (Artikelbild) das Vertrauen. Auch die Zusammenarbeit mit dem bisherigen Juniorpartner, der Reformpartei Most, kündigte die HDZ auf. Der Schritt ist der Höhepunkt eines seit Wochen schwelenden Streits innerhalb der Koalition. Dabei geht es um Korruptionsvorwürfe.

Im Zentrum der Krise steht der stellvertretende Regierungschef Tomislav Karamarko von der HDZ. Die Firma von Karamarkos Ehefrau soll vom ungarischen Mineralölkonzern MOL unterstützt worden sein. MOL liegt mit der kroatischen Regierung seit Jahren im Streit um die Machtverhältnisse beim staatlichen kroatischen Erdölunternehmen INA. MOL soll sich das Sagen bei INA durch Korruption gesichert haben. Zurzeit wird der Streit vor internationalen Schiedsgerichten ausgetragen. Vize-Regierungschef Karamarko hatte sich für eine nachgiebige Haltung gegenüber dem ungarischen Mineralölkonzern eingesetzt und ein Ende des nach seiner Darstellung chancenlosen Schiedsverfahrens verlangt.

Gegenseitige Rücktrittsforderungen

Innerhalb der Koalition war es deshalb zu einem handfesten Streit gekommen. Der kleinere Regierungspartner Most, eine junge Reformpartei, forderte den Rücktritt von Karamarko als Vize-Regierungschef. Dessen Partei verlangte im Gegenzug den Rückzug des zweiten stellvertretenden Regierungschefs, Bozo Petrov von der Partei Most. Zudem wurde der Juniorpartner in der Koaliton als unfähig dargestellt.

Kroatien Chef der Opposition Karamarko
Gegen Tomislav Karamarko gibt es KorruptionsvorwürfeBild: picture alliance/dpa/A. Bat

Die wochenlangen Spannungen gipfelten am Freitag im Zusammenbruch der Koalition. Regierungschef Oreskovic forderte den Rücktritt beider Stellvertreter. Der Streit sei "für das ganze Land zu einer schweren Last" geworden, sagte Oreskovi. Aus diesem Grunde habe sich bereits die Kreditwürdigkeit Kroatiens an den internationalen Finanzmärkten verschlechtert.

HDZ-Chef Karamarko reagierte daraufhin: "Oreskovic genießt nicht mehr unser Vertrauen." Die Spitze der konservativen HDZ werden an diesem Samstag entscheiden, ob es Neuwahlen gebe.

Ungleiche Partner

Schon bei ihrem Amtsantritt galt die Regierung als gewagtes Experiment. Die beiden Parteien HDZ und Most waren Partner, die eigentlich nicht zusammenpassten. So ist die christlich-konservative HDZ neben den Sozialdemokraten eine der beiden große Parteien des Landes, die seit einem Vierteljahrhundert die Politik dominieren. Ihr werden Korruption, eine kriminelle Privatisierung der alten Staatsbetriebe und katastrophale Fehler in der Wirtschaftspolitik angelastet. Der Juniorpartner Most ist hingegen eine Parteineugründung und setzt sich für tief greifende Reformen eines Systems ein, für das ausgerechnet die HDZ steht.

Die Regierungskrise trifft Kroatien zu einem schlechten Zeitpunkt. Eigentlich müsste das jüngste EU-Mitglied dringend notwendige Reform anstoßen. Die Wirtschaft liegt am Boden und hinkt im EU-Vergleich hinterher.

wo/qu (dpa, afp,rts)