1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

"Die Balkanroute ist geschlossen"

Sinisa Bogdanic
9. Februar 2017

Kroatien schützt die Außengrenze der EU, und zwar sehr erfolgreich, sagt Kroatiens Innenminister Vlaho Orepić im DW-Interview. Vorwürfe über die Misshandlung von Flüchtlingen durch die Polizei weist er zurück.

https://p.dw.com/p/2XFRU
Vlaho Orepić
Bild: B. Pintar/MUP RH

Deutsche Welle: Tausende Flüchtlinge aus Syrien, Afghanistan und anderen Krisenländern harren zurzeit, teilweise unter sehr schlechten Bedingungen, in Serbien aus. Sie hoffen, irgendwie über die kroatische oder ungarische Grenze zu kommen, um dann weiter nach Österreich oder Deutschland zu reisen. Ist das eine realistische Hoffnung?

Vlaho Orepić: Die Balkanroute ist formell geschlossen. Was jetzt an den Grenzen außerhalb des Schengener Raums geschieht, sind illegale und kriminelle Handlungen, das ist Menschenschmuggel. Das hat nichts mit der Flüchtlingsproblematik zu tun.

Arbeiten Sie mit Serbien gut zusammen?

Flüchtlinge Opatovac Kroatien Serbien
Als die Balkanrout noch offen war: Flüchtlinge in Opatovac, an der serbisch-kroatischen Grenze (25.9.2015)Bild: picture-alliance/PIXSELL

Ich habe die Nachbarländer besucht, denn nur durch gute Zusammenarbeit kann man die illegalen Prozesse effektiv bekämpfen. Es ist wichtig, diesen Prozessen entgegen zu wirken. Dass kann man am besten durch gute und saubere Arbeit an den Grenzen sowie durch die konsequente Abschiebung der Personen, die illegal die Grenze überquert haben. Es ist durchaus zweifelhaft, ob es sich da überhaupt um Asylbewerber handelt. Man kann von Asyl reden, wenn jemand aus einem unsicheren in ein sicheres Land kommt, sich da anmeldet und Schutz bekommt. Aber zu uns kommen Menschen, die davor schon in sicheren Ländern waren, die sich aber nirgendwo anmelden wollen, bis sie das Land erreicht haben, wo sie hinwollten. Hier handelt es sich nicht um Asylbewerber, sondern eher um Wirtschaftsmigranten.

Kroatien hat bisher immer behauptet, keinen Zaun bauen zu wollen, obwohl die Nachbarn wie etwa Ungarn und Slowenien, an ihren Grenzen zu Kroatien Zäune aufgestellt haben. Werden Sie auch künftig bei Ihrer Haltung bleiben?

Mit einem Zaun kann man keine Probleme lösen. Was sollen wir tun, wenn ein Zaun nicht ausreicht? Sollen wir innerhalb des Zauns dann neue Zäune bauen? Nein, man soll die Grenzen kontrollieren und gleichzeitig den Menschen helfen, die Schutz suchen. Das muss aufgrund des gegenseitigen Respekts geschehen: Sie sollen unsere Regeln und Normen akzeptieren und wir sollen ihre Nöte und Bedürfnisse achten.

In der EU ist eine Aufnahmeqoute für Flüchtlinge beschlossen. Hält sich Kroatien an die Vereinbarung?

Kroatien unterstützt die gemeinsame europäische Sicherheitspolitik und wir arbeiten sehr gut mit den EU-Behörden zusammen, wie etwa mit der Europäischen Agentur für die Grenzbewachung, Frontex. Wir wachen über die Außengrenze der EU und machen das sehr erfolgreich. Gleichzeitig erfüllen wir auch unsere Verpflichtungen, wenn es um die Aufnahme der Geflüchteten geht. Wir sollen 1563 Flüchtlinge aufnehmen. Das Problem ist aber, dass die Menschen gar nicht nach Kroatien wollen. Wir haben aufgrund der Vereinbarung bisher 19 Personen aufgenommen und sind dabei, noch 30 Flüchtlinge aus Griechenland zu holen sowie 20 aus Italien. Wir würden gerne die ganze Quote erfüllen, aber das gelingt uns nicht - sie wollen weiter reisen und Kroatien ist für sie nur ein Transitland.

Es gibt Beschwerden über die Bedingungen der Unterbringung in dem zentralen Flüchtlingsheim bei Zagreb. Was sagen Sie dazu?

Das stimmt nicht. In dem Flüchtlingsheim Porin haben die Menschen, die dort untergebracht sind, bessere Bedingungen als 90 Prozent der Schulen in Kroatien. Die Zimmer sind besser ausgestattet als die meisten Studentenwohnheime im Land. Auch wir sind, genau wie die EU, darum bemüht, den Standard dem Lebensstandard der Menschen im Land anzugleichen - aber viele Bürger Kroatiens leben unter schlechteren Bedingungen als Migranten. 

Einige Nichtregierungsorganisationen sagt, Flüchtlinge werden an der kroatisch-serbischen Grenze teilweise brutal behandelt. Sie würden geschlagen, beschimpft und beraubt, und danach, ohne angehört zu werden, zurück nach Serbien abgeschoben, so sind die Vorwürfe. Was unternehmen Sie dagegen?

Wir haben mit diesen Nichtregierungsorganisationen gesprochen und wir sind darum bemüht, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Wir werden alle Vorwürfe untersuchen. Falls wir feststellen, dass jemand in dem Sinne seine Befugnisse überschritten hat, wird er entlassen. Solche Leute können keine Polizisten in Kroatien sein. Aber ich glaube nicht, dass die Beschuldigungen wahr sind. Wir schützen die Grenze sehr erfolgreich, und das lässt die Menschenschmuggler verzweifeln. Nun versuchen sie mit falschen Zeugenaussagen gewissermaßen die NGOs zu manipulieren, um die Öffentlichkeit gegen die Polizei anzustacheln und dadurch ihre Aktivitäten fortsetzen zu können. Aber wir werden das nicht zulassen.

Vlaho Orepić, Mitglied der mitregierenden MOST-Partei, ist seit Januar 2016 kroatischer Innenminister. Er war von Beginn an ein Verfechter der Schließung der Balkanroute und setzt sich für die strikte Ausweisung aller illegal nach Kroatien gekommenen Flüchtlinge schon direkt an der Grenze ein.

Das Gespräch führte Siniša Bogdanić.