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Ein Museum für Kultur und Natur

Sabine Oelze24. Januar 2013

Die Landschaft genießen und Kunst ansehen: beides ermöglicht das Museum Insel Hombroich in der Nähe von Düsseldorf. Vor dreißig Jahren wurde es eröffnet und ist weit mehr als ein Ausstellungsort.

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Backsteinpavillon auf der Museumsinsel Architektur: Erwin Heerich Teamarbeit zwischen Natur und Kunst
30 Jahre Kulturraum Hombroich mit Museumsinsel und RaketenstationBild: Stiftung Insel Hombroich/Fotograf / Tomas Riehle, Bergisch Gladbach

Zwei Biberratten verschwinden in einem kleinen Tümpel. Wasser gibt es hier überall. Die Wege, die durch die urwüchsige und zugleich wohl komponierte Auenlandschaft leiten, führen über zahlreiche Brücken. Rechts und links stehen geometrisch streng ausgerichtete Gebäude: Orte, in denen Kunst ausgestellt wird. Der Besucher ist auf sich allein gestellt, Hinweisschilder gibt es nicht.

Kunstexperten zählen das Museum Hombroich zu den Top Ten der außergewöhnlichsten Museen weltweit. Es ist tatsächlich ein einzigartiges Experimentierfeld der Künste. Der Immobilienmakler und Kunstsammler Karl-Heinrich Müller, der 2007 gestorben ist, hatte die geniale Idee, Kunst parallel zur Natur zu zeigen.

Kunstspaziergang

Mit diesem Credo, inspiriert von dem französischen Maler Paul Cézanne, wollte Müller einen neuen und anderen Blick auf die Kunst eröffnen. Er kaufte ein 72 Hektar großes Areal, um dort die Werke seiner Sammlung zu zeigen, umgeben von und im Dialog mit der Landschaft. Er begeisterte Künstler, Bildhauer und Politiker für seine Idee. Erwin Heerich, eigentlich Professor für Bildhauerei in Düsseldorf, baute in losem Abstand zehn Pavillons auf die Insel. Sie sind an sich autonome Kunstwerke, begehbare Skulpturen, die Kunstwerke aus zwei Jahrtausenden und verschiedener Kulturen beherbergen: Schätze des Altertums, ethnische Kultgegenstände, Gemälde der Klassischen Moderne genauso wie zeitgenössische Kunstwerke.

Zwei Biberratten an einem Tümpel Copyright: DW/Sabine Oelze
Zwei Biberratten leben auf der MuseumsinselBild: DW/S. Oelze

Ein Pavillon ist leer. Er heißt "Pforte". Die hohen Fenster des Backstein-Pavillons lassen Tageslicht herein und geben den Blick unverstellt auf die Natur frei. In einem anderen Pavillon ist neben Bildern von Gotthard Graubner, Hans Arp und Jean Fautrier auch Kunst der Khmer ausgestellt. Es fällt auf, dass die Kunst niedriger hängt, als man es von Museen normalerweise kennt. Nicht einmal Namensschilder, geschweige denn Erklärungen sind zu finden. Für die Präsentation der Werke ist der Maler und ehemalige Kunstprofessor Gotthard Graubner verantwortlich. Der 83-jährige Künstler war eng mit dem Sammler Müller befreundet. Vor fünfzehn Jahren hat er ein Haus samt geräumigem Atelier auf der Museumsinsel bezogen, es wurde eigens für ihn erbaut.

Graubner will den Besuchern die Augen für die Kunst öffnen. "Viele Menschen gehen an Kunstwerken vorbei. Sie sind nicht fähig, Bildsprache zu lesen“, sagt er. Kunstvermittlung müsse sich darauf konzentrieren, die Augen zu öffnen. Graubner hat die Kunst deshalb tief gehängt. "Wenn sich der Blick senkt, wird er meditativer", erklärt er die Entscheidung. Die Intensität, mit dem sich Graubner über die Präsentation der Kunst Gedanken gemacht hat, überträgt sich auch auf den Besucher, der sich nicht nur für die Schönheiten der Kunst, sondern auch für die Schönheiten der Natur öffnet. Nicht zuletzt die frische Luft belebt den Geist.

Blick auf das Haus von Gotthard Graubner von der Insel aus Copyright: DW/Sabine Oelze
Blick auf das Haus von Gotthard GraubnerBild: DW/S. Oelze

Kunst statt Raketen

Der Sammler Karl-Heinz Müller war ein Mäzen, der für seine Künstler nicht nur gut gesorgt hat, sondern ihnen auch ein Zuhause und einen Arbeitsraum geschaffen hat. Insgesamt elf Künstler unterschiedlicher Sparten leben im Kulturraum Hombroich, der nicht nur die Insel, sondern auch zwei weitere Standorte umfasst. Müller interessierte sich nicht nur für die Bildende Kunst, sondern auch für Literatur und Musik. 1994 kaufte er eine ehemalige Nato-Basisstation, ein paar hundert Meter von der Insel Hombroich entfernt dazu. Ein geschichtsträchtiger Ort: 23 Jahre lang waren auf der Raketenstation Cruise-Misile-, Pershing- und Fliegerabwehrraketen stationiert. Nach Ende des Kalten Krieges verwaiste das Areal. Karl-Heinz Müller war fasziniert von dem militärischen Gelände mit seinen Hallen, Erdwällen, Wachtürmen und Bunkern. Die ließ er kurzerhand in Ateliers und Ausstellungsräume umwandeln. Ein hoher Wachturm dient inzwischen als Archiv des Nachlasses des Lyrikers Thomas Kling, der auf der Raketenstation lebte, bis er vor acht Jahren verstarb.

***Achtung: Nur zur Berichterstattung über diese Ausstellung verwenden!*** Museum Insel Hombroich Lange Galerie Architektur: Erwin Heerich Teamarbeit zwischen Natur und Kunst Die Landschaft genießen und Kunst ansehen: beides ermöglicht das Museum Insel Hombroich in der Nähe von Düsseldorf. Vor dreißig Jahren wurde es eröffnet und ist weit mehr als ein Ausstellungsort. Pressebilder, eingestellt im Januar 2013
Einer der zehn AusstellungspavillonsBild: Stiftung Insel Hombroich/Fotograf / Tomas Riehle, Bergisch Gladbach

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Wachturm
Wachturm der RaketenstationBild: Stiftung Insel Hombroich/Fotograf / Tomas Riehle, Bergisch Gladbach

Die neue künstlerische und kaufmännische Geschäftsführerin Ulrike Rose, seit Oktober 2011 für Hombroich zuständig, plant eine sanfte Öffnung. Der dritte Standort, die fünf kapellenartige Gebäude des dänischen Bildhauers Per Kirkeby, das sogenannte Kirkeby-Feld, werden zum Beispiel regelmäßig an den Wochenenden der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Dort ist zeitgenössische Kunst ausgestellt. Desweiteren möchte sie die Raketenstation Hombroich "stärker als Labor weiterentwickeln", sagt sie.

Gemeinsam mit den ansässigen Künstlern werden Workshops, Diskurse und Symposien veranstaltet; langfristig ist die Öffnung der Bibliothek und der Archive geplant. Im Sommer 2012 kamen internationale Literaturwissenschaftler, Designer, Performance-Künstler und Designer zu einem ersten vierzehntägigen internationalen Sommerprogramm zusammen. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft können sich so verzahnen. "Was die Teilnehmer des Sommerprogramms besonders interessierte, war die Geschichte der Raketenstation, die Umwandlung eines militärisch genutzten Ortes in einen Ort der Kunst“, erklärt Rose.