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Kulturmonopol gebrochen?

Ingrid Arnold17. Oktober 2002

Noch unter Kulturstaatsminister Michael Naumann entstand das Deutsche Kulturforum östliches Europa. Das "Monopol" der Vertriebenenverbände auf die Pflege des gemeinsamen Kulturerbes ist abgeschafft -zumindest formal.

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Aufbruch zu neuen ZielenBild: Illuscope
Mit der Berufung von Christina Weiss zur Nachfolgerin von Julian Nida-Rümelin werden die Diskussionen um Kompetenzerweiterungen des "Beauftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien" wohl nicht beendet sein. Schon kurz vor ihrer Ernennung hat die ehemalige Hamburger Kultursenatorin etwa angeregt, die Zuständigkeit für die Goethe-Institute vom Außenministerium ins Ressort des Kulturstaatsministers zu verlegen.

Für weitere Änderung in der auswärtigen Kulturpolitik, aber ebenfalls in einem kritischen Bereich, hatte sich bereits der erste Amtsinhaber Michael Naumann eingesetzt: Vor zwei Jahren, am 20. September 2000, legte er eine Neukonzeption der Kulturförderung des Bundes auf der Grundlage von Paragraf 96 des Bundesvertriebenengesetzes vor. Eines der Resultate dieser "Konzeption zur Erforschung und Präsentation deutscher Kultur und Geschichte im östlichen Europa" war die Gründung des Deutschen Kulturforums östliches Europa (DKF).

Das Kulturforum, ein gemeinnütziger Verein, vermittelt der breiten Öffentlichkeit vor allem die Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung anderer Einrichtungen zum gemeinsamen Kulturerbe mit den Ländern Osteuropas - und hat damit einen Paradigmenwechsel in der Vertriebenenkulturpolitik begleitet.

Die Wogen sind geglättet

Nach den Belastungen der Geschichte will das DFK durch die Pflege des gemeinsamen Kulturerbes den kulturellen Austausch und die Zusammenarbeit Deutschlands mit den östlichen Nachbarn fördern. Das Kulturforum sucht Kontakt zu den Ländern, Städten und Gemeinden im östlichen Europa, in denen früher Deutsche lebten oder heute noch leben - von Polen über die baltischen Staaten, Russland oder Tschechien bis nach Rumänien.

Kompetenzgerangel mit dem Bund der Vertriebenen (BdV), dem Dachverband der Vertriebenenorganisationen, findet dabei scheinbar nicht statt - oder nicht mehr: "Die Arbeit der Landsmannschaften und der Vertriebenenverbände wird hier in ihrer ganzen Breite einbezogen", beschreibt der stellvertretende Direktor Klaus Harer gegenüber DW-WORLD den Arbeitsbereich des Deutschen Kulturforums östliches Europa.

Im Juli 2001 hat das DKF in Potsdam seine Arbeit aufgenommen. Kulturelle Veranstaltungen im In- und Ausland haben mittlerweile "eine rege Resonanz", so Harer. Abgrenzungsprobleme zu anderen Einrichtungen der auswärtigen Kulturpolitik gibt es nicht. Vielmehr sollen Vielfalt und Wechselwirkungen des gemeinsamen Kulturerbes in einem "historischen Großraum" durch internationale Kooperationen mit Kultur- und Bildungseinrichtungen dargestellt werden - auch mit den Goethe-Instituten.

Für das breite Publikum

Einem breiten Publikum bringen nun Lesungen, Ausstellungen oder Workshops das gemeinsame Kulturerbe näher. Die Vergangenheit wird dabei nicht tabuisiert. 1999 war Naumanns Konzept wegen der finanziellen Umverteilung - hin zur Förderung von Einrichtungen wie dem DKV - vom BdV zunächst als "Kahlschlag" der Kulturarbeit der Vertriebenen kritisiert worden. Aber das Quasi-Monopol der Vertriebenenverbände und Landsmannschaften auf die "Frage der historischen deutschen Ostgebiete" hatte mit oftmals gebietsrevisionistischen und revanchistischen Tönen zu Berührungsängsten mit der Pflege deutscher Kultur in den östlichen Nachbarländern geführt. Diese Ängste kann das vom BKM finanzierte Kulturforum nun abtragen.

Vorsitzender des Kuratoriums des DKF ist Knut Nevermann, Staatssekretär im BKM - und ehemaliger Hamburger Kulturstaatsrat unter der damaligen Senatorin Christina Weiss. Eine Ausweitung der Kompetenzen der neuen Kulturstaatsministerin würde dem DKF entgegenkommen; auch Klaus Harer hätte scheinbar nichts gegen ein Bundeskulturministerium einzuwenden: "Eine Konzentrierung der auswärtigen Kulturpolitik in einem Bundeskulturministerium wäre für die Zusammenarbeit mit anderen Organisationen und Institutionen eher hilfreich."