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Kulturspaziergang

16. Oktober 2009

Vom "Riesen"- Spektakel zum Tag der Einheit über den Geburtstag des Berliner Fernsehturms bis hin zur glanzvollen Wiedereröffnung des Neuen Museums nach 70 Jahren - kulturell hat Berlin im Oktober einiges zu bieten.

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Symbolbild fern.schreiber (Grafik: DW/Peter Steinmetz)

Der diesjährige Herbst in der deutschen Hauptstadt ist geprägt durch eine Reihe von Jubiläen. Eines davon - der Fall der Berliner Mauer vor 20 Jahren - ist ein historisches Ereignis ohnegleichen. Sein Einfluss auch auf die Kultur der Stadt ist an vielen Ecken zu spüren. So war in Berlin zu Beginn des Monats aus Anlass des Mauerfalls eine "Riesen"- Geschichte vom Trennen und Wiederfinden als Open-Air-Veranstaltung zu erleben.

"Riesen"-Spektakel als Zuschauermagnet

Mehr als 100.000 Berliner und ihre Gäste waren begeistert von dem Spektakel, bei dem sich als Zeichen der Wiedervereinigung zwei Riesen-Marionetten - Onkel (West) und Nichte (Ost) - am Brandenburger Tor in die Arme fielen. Die Figuren waren fünfzehn und siebeneinhalb Meter groß. Inszeniert wurde das Ganze vom Franzosen Jean Luc Courcoult und seinen Helfern vom Straßentheater "Compagnie Royal de Luxe" nach Art von Gulliver und den Lilliputanern.

Um bei den Riesen zu bleiben: Am Tag der Deutschen Einheit, dem 3. Oktober, feierte ein anderer "Riese" seinen 40. Geburtstag - der Berliner Fernsehturm am Alexanderplatz. Mit seinen insgesamt 368 Metern Höhe ist er nicht nur das höchste Gebäude der Stadt, sondern auch Deutschlands. Noch heute lassen sich von hier oben die Spuren der deutschen Teilung verfolgen.

Fernsehturm als Wahrzeichen für ganz Berlin

Einst als Prestige-Bau von der DDR errichtet, hat der Fernsehturm sich zu einem Wahrzeichen für ganz Berlin entwickelt und nichts an Attraktivität verloren. Kein Wunder, denn von der Aussichtsplattform in der Kugel des Turms hat man einen wunderbaren Blick über die Stadt, was auch viele ehemalige DDR-Bürger zu schätzen wussten, denn von hier oben war nicht nur die Grenze zu sehen, sondern auch ein "Stückchen" Westberlin.

Kein anderer Gebäudetyp sei in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts politisch so aufgeladen gewesen, wie der Typus Fernsehturm, sagen Berliner Ausstellungsmacher, die gerade an einer Ausstellung des Deutschen Architekturmuseums in Frankfurt/Main über die symbolische Bedeutung von Fernsehtürmen mitwirken. Noch bis Mitte März 2010 ist die Exposition zu sehen, auf der es um 25 geplante oder bereits gebaute Fernsehtürme von Berlin über Shanghai bis Toronto geht.

Hauptattraktion des Berliner Fernsehturms ist nach wie vor das Restaurant in 207 Metern Höhe, dessen Tische sich auf einer Scheibe befinden, die sich innerhalb einer halben Stunde um 360 Grad dreht. Zu DDR-Zeiten dauerte eine Drehung übrigens eine ganze Stunde. Innendekoration und Möbel des Restaurants wurden im Stil der 70er Jahre erhalten. Das freut sicherlich manches Paar, das hier oben den Bund der Ehe schließt.

Wiedereröffnung des Neuen Museums nach 70 Jahren

Zu den zahlreichen Sehenswürdigkeiten, die der Fernsehturm-Besucher aus großer Höhe zu sehen bekommt, gehört auch die Berliner Museumsinsel. Hier ist vom 17. Oktober an mit der Wiedereröffnung des Neuen Museums nach 70 Jahren ein besonderes kulturelles Ereignis zu erleben:

Das von Friedrich August Stüler - einem Schüler Schinkels - zwischen 1843 und 1855 errichtete Museum trägt wie kein anderes die Spuren einer wechselvollen Geschichte, wurde es doch bei Bombenangriffen im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt und in Teilen komplett zerstört. Viele Jahrzehnte blieb es eine Ruine, bis Mitte der 80er Jahre von DDR-Seite der Wiederaufbau zögerlich begonnen wurde. Der Mauerfall machte es schließlich möglich, die Rolle der Museumsinsel neu zu definieren und auch den Wiederaufbau des Neuen Museums in Angriff zu nehmen. Ziel war es, jahrzehntelang getrennte Sammlungen, wie die des Ägyptischen Museums, zusammenzuführen.

Zur wirklichen Umsetzung der Wiederaufbaupläne des Neuen Museums kam es erst ab 1997 mit dem Entwurf des britischen Architekten David Chipperfield. Sein mit Denkmalpflegern und Museumsexperten abgestimmtes Konzept gilt als einzigartig. Die üppige Fülle von Stülers spätem Klassizismus und Historismus tritt in einen reizvollen Dialog mit der strengen Formensprache Chipperfields.

Das Ägyptische Museum und die Papyrus-Sammlung, das Museum für Vor- und Frühgeschichte sowie die Antikensammlungen sind jetzt nicht nur räumlich vereint, sondern werden im Museumskonzept auch inhaltlich aufeinander bezogen.

Entstanden ist ein neues Juwel auf der Museumsinsel, das zu den kulturgeschichtlich beeindruckendsten Museen nicht nur Deutschlands, sondern auch Europas gehört.

Die Schöne ist angekommen

Die berühmte Büste der Nofretete, geheimnisvolle Gemahlin von Pharao Echnaton, ist endlich nach siebzig Jahren ins Neue Museum zurückgekehrt. Mitten im Nordkuppelsaal hat sie einen Ehrenplatz erhalten, blickt sozusagen bis in die Südkuppel auf die Kolossalstatue von Sonnengott Helios.

Es ist das Konzept des Museums, Zeiten zu verknüpfen und Verbindungslinien zu ziehen. Erzählt werden Geschichten vom Ursprung der Menschheit, von der Blüte des Alten Ägypten bis hin zur Entwicklung der Altertumswissenschaften.

Auch Stücke der weltberühmten Troja-Sammlung von Heinrich Schliemann haben ihren Platz im Neuen Museum gefunden. Allerdings wird der dazugehörige Goldschatz noch immer als Kriegesbeute der Roten Armee in Moskau verwahrt. Zu den herausragenden Objekten des Neuen Museums zählt außerdem der bronzezeitliche "Berliner Goldhut" mit seiner geheimnisvollen Symbolik.Das älteste Objekt im Neuen Museum ist übrigens ein 700.000 Jahre alter Faustkeil.

Mit der Fertigstellung des Neuen Museums sind jetzt drei der fünf Museen auf der Berliner Museumsinsel restauriert. In den kommenden Jahren und Jahrzehnten sollen bei laufendem Betrieb noch das Pergamon-Museum und das Alte Museum restauriert werden.

Autorin: Sabine Ripperger
Redaktion: Martin Schrader