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Kundus-Unglück wird untersucht und zum Sonderfall

2. Dezember 2009

In Berlin haben Vertreter aller Fraktionen beschlossen, den umstrittenen Militärschlag von Kundus zu untersuchen. Der Verteidigungsausschuss selbst wird sich in einen Untersuchungsausschuss umwandeln – ein Sonderfall.

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Ein Unterschungsausschuss des Bundestages in Berlin (AP Photo/ Jan Bauer)
Für gewöhnlich tagt der Verteidigungsausschuss nicht öffentlichBild: AP

Normalerweise ist das Prozedere so: Die Opposition wittert einen Skandal in der Regierung und beantragt einen Untersuchungsausschuss. Wenn ein Viertel der Abgeordneten zustimmt, wird der Ausschuss gebildet. Regierungsmitglieder, hohe Beamte und Zeugen können von den Vertretern aller Parteien verhört werden – und zwar öffentlich. Das Bombardement von Kundus ist für die Opposition so ein Anlass.

Das Bild zeigt Verletzte nach dem Luftangriff von Kundus (AP Photo)
Anfang September kamen bei Angriffen in Kundus auch Zivilisten ums LebenBild: AP

Anfang September ordnete das deutsche Oberkommando in der Hauptstadt der gleichnamigen Provinz die Bombardierung von zwei Tanklastzügen an, viele Zivilisten starben, was der Verteidigungsminister zunächst abstritt. Später kam heraus, dass zumindest sein Ministerium da bereits über zivile Opfer informiert war. "Wenn hier Dinge vertuscht worden sind, dann bedarf das einer sehr schnellen Aufklärung", erklärt Paul Schäfer von der Linkspartei. Auch die Bombardierung selbst müsse untersucht werden.

Eigentlich kein öffentlicher Ausschuss

Doch Krieg hat auch mit Geheimnissen zu tun. Militärangelegenheiten werden normalerweise auch vom Parlament diskreter behandelt als andere Dinge. Der Verteidigungsausschuss tagt nicht öffentlich. Und genau dieser Ausschuss hat ein Sonderrecht. Wenn militärische Dinge untersucht werden sollen, kann sich der Ausschuss selbst zum Untersuchungsausschuss erklären – und muss nicht öffentlich tagen. Doch diesmal wird wohl öffentlich getagt. Auch die Mitglieder der Regierungsfraktionen haben dem zugestimmt, wie Ernst-Reinhard Beck von der CDU erklärt. "Wir haben nichts dagegen, dass die Öffentlichkeit mit größtmöglicher Transparenz teilhat."

Omid Nouripour, MdB, Bündnis 90/Die Grünen(bundestagsfraktion Bündnis 90/ DIE GRÜNEN)
Omid Nouripour von den Grünen ist an der Planung des Ausschusses beteiligtBild: Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen

Wie ein Untersuchungsausschuss wird auch der Verteidigungsausschuss die politisch Verantwortlichen vernehmen, Zeugen vorladen und Dokumente aus den Ministerien, dem Generalstab und Berichte der Verbündeten auswerten. Wer genau erscheinen wird, werden die Vertreter der Parteien verhandeln. Befragt werden sollten nicht nur Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg und sein Vorgänger Franz-Josef Jung, sondern auch Vertreter des Kanzleramts und des Auswärtigen Amts. "Wir haben noch eine Liste zu erstellen", sagt Omid Nouripour von den Grünen. "Wir machen das gerade. Die Liste wird immer länger."

Der ehemalige Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier mit Soldaten der Bundeswehr (dpa)
Der ehemalige Außenminister Frank-Walter Steinmeier muss wohl vor den AusschussBild: picture-alliance/ dpa

Noch ein "Schwert im Köcher"

Auch der ehemalige Außenminister und jetzige SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier wird wohl vor den Ausschuss treten müssen. Alle Oppositionsparteien betonen, dass sie Wert darauf legen, die Vernehmungen von Verantwortlichen – insbesondere der Regierungsmitglieder - öffentlich stattfinden zu lassen.

Die Regierungsfraktionen hätten zugesagt, dass die Rechte der Opposition gewahrt werden, sagt der SPD-Vertreter Rainer Arnold. Sollte das nicht stattfinden, "hätten wir immer noch ein Schwert im Köcher", sagt er. "Dann gibt es eben noch einen zweiten, einen öffentlichen Untersuchungsausschuss. Aber es kann nicht in unserem Interesse sein, parallel zu arbeiten." In zwei Wochen will sich der Verteidigungsausschuss als Untersuchungsausschuss konstituieren.

Autor: Mathias Bölinger

Redaktion: Michael Borgers