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Kunst im Pappkarton

Silvera Padori12. Dezember 2006

Bis Ende Januar können Kunstliebhaber mit kleinem Geldbeutel in Berlin und Frankfurt Kunst zu erschwinglichen Preisen kaufen. Nicht in elitären Galerien, sondern im "Kunstsupermarkt".

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Blick in den Frankfurter Kunstsupermarkt (Quelle: dpa)
9000 Kunstwerke gibt's im Frankfurter 'Kunstsupermarkt'Bild: PA/dpa

In einer belebten Einkaufspassage am Berliner Gendarmenmarkt, mitten im noblen "Quartier 205", wird es im Dezember noch ein bisschen lebendiger: Der "Kunstsupermarkt" packt seine Kisten aus. Es ist das sechste Mal in Berlin und das achte Mal in Frankfurt, dass man Kunst kaufen kann wie in einem Supermarkt - zu Festpreisen. Gründer des "Kunstsupermarktes" war damals der Kunsthistoriker Mario Teres, und zum ersten Mal hat er in Deutschland ausprobiert, was er in den 1970er Jahren in Spanien gesehen hatte. Die Idee: Kunst für alle.

Heiß begehrt: die Kiste

Der "Kunstsupermarkt" in Berlin stellt diesmal 52 Künstler aus, jeweils mit 40 Arbeiten in vier Preiskategorien. Die Preise sind relativ niedrig und die Werke somit erschwinglich. Es gibt Werke für 50, 99, 199 und 299 Euro. Das ganze ist so angeordnet, dass jeder Künstler eine Kiste hat. An der Kiste gibt es Informationen über den Künstler. In den Kisten können die Besucher vielerlei entdecken: kleine Tuschezeichnungen, Acrylmalereien, Ölgemälde, Blätter in Mischtechnik.

Viele wollen als Künstler mit einer Kiste im Supermarkt vertreten sein. Die Konkurrenz ist groß. Es gibt einen Stamm von Künstlern, die bereits seit acht Jahren dabei sind. Und jedes Jahr kommen neue dazu. Man bewirbt sich in der Zentrale in Marburg, schickt Arbeiten ein oder kommt direkt vorbei. 100 bis 200 Bewerbung gibt es pro Jahr. Platz ist für 10 bis 20 neue Künstler in jeder Saison. "Es gibt einen sehr großen Andrang," sagt Pressesprecherin Helga Berger. "Es gibt viele Bewerbungen. Wir müssen dazu sagen: Wir stellen nur Künstler aus. Wir stellen keine Hobbymaler aus."

Umtausch kein Problem

Helga Berger grenzt sich von der Sonntagsmaler-Szene ab. In den Kunst-Kisten und an den Wänden drum herum finden sich tatsächlich Werke mit Signaturen, die zumindest Eingeweihten etwas sagen: Mikos Meininger, Dieter Liedtke oder Ricardo Semino, aber auch weniger bekannte Künstler sind vertreten.

Der Kunstsupermarkt hat Stammkunden. Viele kommen jedes Jahr, und an den Wochenenden ist der Andrang am größten. In Frankfurt, so Helga Berger, habe schon zwei Stunden vor Öffnung eine Schlange vor dem Eingang gestanden. In Berlin ging es etwas verhaltener zu. Aber auch hier war in den ersten Supermarkt-Tagen der Laden von morgens bis abends gut gefüllt. Schließlich ist Weihnachtszeit und man kann im Kunstsupermarkt Bilder, die nicht gefallen, problemlos umtauschen.

Alles ist möglich

Aber auch neue Kunden finden immer wieder den Weg in den Supermarkt für Kunst: Albert Roman etwa hat keine professionelle Beziehung zur Kunst, stöbert aber trotzdem gerne. Der Schritt in einen Supermarkt ist für ihn leichter als in eine exklusive Galerie: "Es ist ein schönes, buntes Angebot. Man hat einen schönen Überblick und kann sich unter dem Künstler etwas vorstellen und sein Werk betrachten." Barry Jonson ist zu Besuch in Berlin. Ihn begeistert die Idee des Kunstsupermarktes: "Ich habe so etwas in Amerika nicht gesehen. Ich denke, ich werde etwas für jemanden kaufen."

So ist es nicht ausgeschlossen, dass für 99 oder 199 Euro demnächst das Werk eines junges unbekannten Künstlers aus dem "Quartier 205" seinen Weg über den Atlantik findet. Und vielleicht ist es in zehn oder 15 Jahren ja viele tausend Dollar wert. Alles ist möglich auf dem derzeit boomenden Kunstmarkt!