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Kunstaktion "Flüchtlinge fressen" unblutig beendet

22. Juni 2016

Zunächst fiel ein Sonderflug mit 100 Asylsuchenden aus der Türkei aus. Dann wurde die kontroverse Aktion des für Provokationen bekannten Zentrums für Politische Schönheit in einer dramatischen Rede abgesagt.

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May Skaf (Foto: picture-alliance/dpa/R. Jensen)
Bild: picture-alliance/dpa/R. Jensen

Die syrische Schauspielerin May Skaf (Artikelbild), die sich aus Protest gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung von Tigern fressen lassen wollte, sagte die Aktion am Dienstagabend (28.06.2016) vor dem Gorki Theater in einer dramatischen Rede ab. "Was wäre mein Schreien gegen die ungehörten Hilferufe nachts auf dem Meer?", erklärte sie.

Die umstrittene Kunstaktion "Flüchtlinge fressen" sorgte damit auch fast zwei Wochen nach ihrem Beginn weiter für Aufsehen und Irritationen.

Dafür war vor dem Maxim Gorki Theater seit Mitte Juni ein Gehege mit vier lebenden Tigern aufgebaut. Eine improvisierte Arena sollte der Hauptschauplatz der Kunstaktion werden. Hier wollten sich am Dienstag (28.06.2016) aus Protest gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung angeblich Asylsuchende öffentlich von den Tigern "zerfleischen" lassen.

Am Dienstag hatte die Fluggesellschaft Air Berlin einen Vertrag zur Beförderung der 100 Flüchtlinge gekündigt, weil sie sich von den Initiatoren "über wesentliche Aspekte" des Flugs im Unklaren gelassen fühlte, so eine Sprecherin des Unternehmens. Fluggesellschaften dürfen nur Ausländer mit Visum befördern.

Berlin Zentrum für Politische Schönheit Flüchtlinge fressen Tigergehege. (Foto: picture-alliance/dpa/J. Kalaene)
Schaulustige vor den Tigerkäfigen mitten in BerlinBild: picture-alliance/dpa/J. Kalaene

Zeitgleich zu einem Kunstprojekt vor dem Maxim Gorki Theater sollten die Flugpassagiere auf dem Flughafen Berlin-Tegel landen. Das für Provokationen bekannte Zentrum für Politische Schönheit wollte mit der Aktion erreichen, dass Flüchtlinge auf dem sicheren Luftweg nach Deutschland kommen dürfen, statt auf den lebensgefährlichen Weg über das Mittelmeer angewiesen zu sein.

Vor einer Woche hatte das Berliner Bezirksamt Mitte der Kunstaktion die Rote Karte gezeigt: Das öffentliche Straßenland sei innerhalb der nächsten zehn Tage zu räumen, teilte das Amt mit, da die Aktion nicht richtig angemeldet worden sei. Aus Sicht des Bezirks fällt sie nicht ins Straßengesetz. Die "Meinungskundgabe" hätte nicht nur vom Amt genehmigt, sondern bei der Versammlungsbehörde - also bei der Polizei - angemeldet weden müssen.

Die Berliner Polizei teilte mit, sie werde vor Ort sein und mögliche Gefahren abwehren. Das Bundesinneministerium hatte die provokante Kunstaktion als "zynisch" bezeichnet, da sie auf dem Rücken von Schutzbedürftigen ausgetragen werde.

Deutschland Flüchtlinge Fressen Not und Spiele Zentrum für Politische Schönheit Foto: picture-alliance/dpa/R. Jensen
Ernste Absicht oder bloß öffentliche Wirkung erzielen?Bild: picture-alliance/dpa/R. Jensen

Auszeichnung auf dem Global Media Forum 2016

Das Zentrum für politische Schönheit ist bekannt für Aktionen, die stark in die Öffentlichkeit hineinwirken, so auch "Die Toten kommen". Aus Protest gegen die EU-Flüchtlingspolitik hatten die Künstler 2015 angeblich die Leiche einer Frau exhumiert, die nach Angaben der Gruppe als Flüchtling im Mittelmeer ertrunken war. Der Leichnam wurde nach Berlin überführt und dort erneut öffentlich bestattet.

Im Juni 2016 wurde die Initiative im Rahmen der Preisverleihung von "The Bobs – Best of Online Activism" von der Deutschen Welle für ihre provokanten künstlerischen Aktionen ausgezeichnet. Die Jury begründete den Preis mit der innovativen Form, in der sich die Aktivisten auch weltweit im Netz Gehör verschafften. Mit provokanten Aktionen haben sie beispielsweise auf den Zusammenhang der Flüchtlingspolitik Europas mit den deutschen Waffenexporten nach Saudi-Arabien aufmerksam gemacht.

kk/rf (dpa/epd/ZPS)