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Kurt Beck sieht sich nah bei den Menschen

10. April 2006

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) erfreut sich über alle Parteigrenzen hinweg hoher Sympathiewerte. Die wird er als künftiger SPD-Chef dringend brauchen. Ein Porträt.

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Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck nach seinem Wahlsieg im März 2006Bild: AP

Die gute Bilanz seiner Regierung, vor allem aber seine Volksnähe brachten ihm bei der Landtagswahl am 26. März die absolute Mehrheit für die Sozialdemokraten. Der 57-Jährige beschreibt sich selbst als "nah bei den Leuten". Seit elf Jahren führt der gelernte Elektromechaniker die einzige sozialliberale Koalition in Deutschland. Von Mitte Mai an wird Beck an der Spitze einer SPD-Alleinregierung in Mainz stehen.

Seit November 2003 ist Beck auch stellvertretender Vorsitzender der Bundes-SPD. Mit Blick auf die Wahl in Rheinland-Pfalz hatte er im vergangenen Jahr Matthias Platzeck den Vortritt beim Chefposten gelassen. Der Politiker redet gern mit Menschen und sieht in der Kommunikation das Erfolgsrezept seiner Politik.

Eintreten für die Arbeiter

Es zeichnet Beck aus, dass er konsequent für zwei Bevölkerungsgruppen eintritt, welche die Kernklientel der Sozialdemokraten bilden. Es sind die sozial Schwachen und die Menschen, die harte Arbeit verrichten müssen. "Ich glaube, dass die Leute wissen, dass das nicht aufgesetzt ist", erklärt Beck. Das Mitempfinden mit Menschen, die schwere körperliche Arbeit verrichten müssten, lasse er sich nicht nehmen, solange er in der Politik sei: "Oder ich höre auf." Und dann erzählt Beck, wie es seinem Vater früher auf der Baustelle erging, als noch bei strenger Kälte geschafft wurde, "bis der Speis gefroren ist".

Beck gehört wohl einer aussterbenden Politikerspezies an. Er ist einer, der noch mit den Händen gearbeitet hat, bevor er endgültig am Schreibtisch Platz nahm. "Ich fürchte, dass sich künftig kaum noch Menschen mit meiner Vita in Führungspositionen vorarbeiten können", sagt der rheinland-pfälzische Regierungschef. Er sei "skeptisch gegenüber Leuten, die schon stromlinienförmig sind, bevor sie Profil entwickeln können".

Im südpfälzischen Steinfeld aufgewachsen, wo Beck noch immer regelmäßig Bürgersprechstunden abhält, lernte der Maurersohn nach der Schule den Beruf des Elektromechanikers. Er arbeitete zunächst im Heeresinstandsetzungswerk Bad Bergzabern, wurde Personalrat, ÖTV-Mitglied und kam über die Gewerkschaftsarbeit in die Politik.

Laufbahn

Seit 1972 SPD-Mitglied, kam Beck 1979 in den Landtag, wo er sich zunächst als Sozialpolitiker profilierte. Mit der Regierungsübernahme durch die sozialliberale Koalition in Mainz wurde Beck Fraktionschef. Als SPD-Ministerpräsident Rudolf Scharping in die Bundespolitik wechselte, wurde Beck 1994 sein Nachfolger.

Bis heute ist die Pfalz seine politische Basis, die Region, wo er sich sicher fühlt. Hier kennt der SPD-Politiker scheinbar jeden Bürgermeister, jeden Vereinsvorsitzenden, jeden Sparkassendirektor. Außerhalb der Pfalz ist man nie ganz sicher, ob Beck nicht zu fremdeln beginnt. Das ist schon bei Auftritten des Ministerpräsidenten in streng katholischen und tiefschwarzen Gegenden von Rheinland-Pfalz wie der Eifel spürbar; erst recht aber im chronisch aufgeregten Berlin, auch wenn der Ministerpräsident sich auf dem Parkett der Hauptstadt heute sicherer bewegt, als noch vor wenigen Jahren.

2011 noch nicht im Rentenalter

Beck, so verbreiten Mitarbeiter, gehe lieber auf den Dürkheimer Wurstmarkt als auf einen superwichtigen Stehempfang am Potsdamer Platz. Es konnte daher kaum verwundern, dass der rheinland-pfälzische Ministerpräsident im vergangenen Herbst heilfroh war, dass er nicht den Vorsitz der Bundes-SPD übernehmen musste.

Über Becks Privatleben ist nur wenig bekannt. 1968 heiratete er die Friseurin Roswitha Starck, ein Jahr später kam Sohn Stefan zur Welt. Wandern und Rad fahren gibt Beck als Hobbys an. Die Wahrheit dürfte sein, dass er nur selten dazu kommt. Sein Herz aber gehört dem Fußball. Als Dauergast beim 1. FC Kaiserslautern kämpfte Beck in den vergangenen Jahren erfolgreich dafür, dass das Fritz-Walter-Stadion Austragungsort der Fußball-WM wurde, auch wenn es das Land eine Menge Geld kostete.

Wie lange Beck noch in der Politik mitmischen will, lässt er selbst offen. Einen Wechsel vor 2011 hat der 57-Jährige im AP-Interview vor kurzem ausgeschlossen: "Ich verspreche, die ganze Legislaturperiode Ministerpräsident bleiben zu wollen." Aber auch danach werden sich mögliche Nachfolger und Nachfolgerinnen in der rheinland-pfälzischen SPD wohl noch ein wenig gedulden müssen, wie der Ministerpräsident andeutet: "Auch 2011 bin ich noch nicht im Rentenalter." (mas)