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Kurz und schmerzvoll

Michael Maldacker25. März 2004

Der Amerikaner an sich hat Sinn für das Praktische. Seine kurze und knappe Sprache erleichtert das Leben ungemein. Für Nicht-Amerikaner erscheinen die Abkürzungen hingegen meist nur als Geheimcodes oder Buchstaben-Salat.

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Der Arbeitstag in den USA endet. Langes Anstehen vor dem ATM lässt den Feierabend noch kürzer werden. Zum Glück erspart einem der 24/7 hektisches Drängen. Den ganzen Tag, 365 Tage pro Jahr. Denn genau das bedeutet 24/7: Ein Supermarkt, der 24 Stunden, an 7 Tagen der Woche geöffnet hat. Und der ATM ist der Automat, der Geld ausspuckt. Zumindest, wenn man welches auf dem Konto hat und das Monstrum zu bedienen versteht. In Deutschland wird er Bankautomat genannt, keine Abkürzung.

ATM ist aber auch die Kurzform von Anti Tank Missile (Panzerabwehr-Rakete). Ein Beispiel dafür, wie vorsichtig man seine Abkürzungen wählen sollte, denn sonst wird aus dem gemeinen Kunden rasch ein gemeiner Terrorist, sollte ein Lauscher an der Wand etwas in den falschen Hals bekommen.

Das Wort als Waffe

Grundsätzlich machen Abkürzungen aber nicht wirklich vor militärischen Begriffen Halt. So konnte der Schauspieler Sean Penn bei der diesjährigen Oscar-Verleihung dem Millionenpublikum sorglos entgegenschleudern, ihm sei längst klar gewesen, man werde keine WMD's finden. Wo? Was? Wen? WMD ist die offensichtlich der gesamten US-Nation vertraute Abkürzung für Weapons of Mass Destruction, also Massenvernichtungswaffen. Da kapiert man dann schon eher, dass sich Penns lapidarer Kommentar auf den Irak bezogen haben muss und ein Schüsschen vor des Präsidenten Bug gewesen sein sollte. Very political!

Dass Abkürzungen nicht nur in diesem Zusammenhang euphemisierend wirken können bzw. sich zum Verbergen eines Tabus eignen, zeigt erst recht der 9/11. Das ist nicht etwa ein Sportwagen einer namhaften schwäbischen Autoschmiede. Hinter diesen schlichten Ziffern verbirgt sich die Veränderung des Lebens in der westlichen Welt, die nationale Tragödie der USA: Die Terrorangriffe der El-Kaida auf New York und Washington. Das war am 11. September 2001, im amerikanischen Englisch September 11th, kurz 9/11.

Politik ist sexy

Der Amerikaner versteht das alles. Kommt man jedoch als Abkürzungs-Greenhorn in die USA, versteht man nur Station (Bahnhof). Begriffe wie X-mas anstelle von Weihnachten sind zwar inzwischen in Europa angekommen. Vieles andere konfrontiert deutsche Ohren hingegen eher mit einer Sackgasse als mit einer plausiblen Abkürzung.

Etwa ABB. Das heißt nichts anderes, als, was in den USA hinter vorgehaltener Hand viele äußern, auch wenn sie mit John Kerry nicht so richtig etwas anzufangen wissen. "Würde jemand seine Katze gegen Bush in den Wahlkampf schicken, ich würd' sie wählen!". Genau das ist abgekürzt ABB - Anybody but Bush (Jeder andere, nur nicht Bush).

Diejenigen, die vom Präsidenten so richtig doll begeistert sind, würden seine Politik wohl eher mit BTS kommentieren, Better than sex!

Die Partei George Bushs ist übrigens die GOP. Keine offizielle Abkürzung wie SPD, CDU oder DIE GRÜNEN, sondern Grand Old Party, eine Art Spitzname für die amerikanischen Republikaner. Und auch für eine Abkürzung gut.

Kurze Rede - langer Sinn

Geschrieben können Abkürzungen übrigens ebenso leicht zu Verwirrungen führen wie die gesprochenen. Was stellt man sich bitte schön unter $ 0.02 vor? Das ist kein Auszug aus einer Gehaltsrechnung, nein, es meint tatsächlich eine Aufforderung zur Beteiligung an einem Gespräch: Throw in your two cents' worth!, Gib' deinen Senf dazu! Ah ja.

Ob Abkürzung oder Umweg - da kann der Stress geplagte Ami nur durchatmen und seufzen: TGIF (sprich: "Ti-Dschi-Ei-Eff"). Keine Verarschung - das ist die Abkürzung für Thank God it's Friday, Gott sei Dank ist heute Freitag. Na, da kann man ja nur wünschen: "Schönes WE!"