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Löfflers Lektüren

25. Januar 2010

Das Reizthema liegt in der Luft, und Kristof Magnusson hat ihn geschrieben: den Roman über einen jungen Börsenmakler, der so lange unbemerkt mit dem Geld einer großen Investmentbank spekuliert, bis diese zusammenbricht.

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Buchcover Kristof Magnusson: 'Das war ich nicht' (Verlag Antje Kunstmann)

Magnussons Held ist kein dämonisch skrupelloser, von Gier getriebener großer Schurke; dieser Jasper Lüdemann aus Sprockhövel im Ruhrgebiet, der als Junior Trader im Händlersaal einer Bank in Chicago mit Futures und Optionen hantiert, ist ein kleines Licht, der einen minimalen Buchungsfehler eines Kollegen vertuschen möchte, dabei aber den Überblick verliert und in einen immer gewaltigeren Strudel von Fehlspekulationen gerät, der ihn und schließlich die ganze Bank ins Desaster reißt. Und das, ohne dass er sich seiner Schuld recht bewusst würde: "Das war ich nicht."

Drei Helden in der Krise

Magnussons Plot, der manchmal im Gefüge arg knirscht und die Gutgläubigkeit des Lesers auf harte Proben stellt, führt den Börsenmakler mit zwei anderen Protagonisten zusammen, die gleichfalls in der Krise stecken und vor dem Ruin stehen: mit einem weltberühmten amerikanischen Erfolgsautor, der wegen einer Schreib-Blockade den überall bereits angekündigten Jahrhundertroman über die Krisen im Gefolge des elften September immer noch nicht geschrieben hat; und mit dessen deutscher Übersetzerin, die händeringend, aber vergeblich auf das Roman-Manuskript wartet, denn ohne diesen Übersetzungsauftrag wäre sie pleite.

Kristof Magnusson, Schriftsteller (Foto: Thomas Dashuber)
Der Autor Kristof MagnussonBild: Thomas Dashuber

Die drei Helden, aus deren Ich-Perspektive der Roman abwechselnd erzählt wird, treffen durch eine Reihe eher gewaltsamer Zufälle in Chicago aufeinander. Die Übersetzerin will das (nicht geschriebene) Manuskript des Autors persönlich abholen, der Autor trifft zufällig auf den jungen Makler und verliebt sich in ihn, der Makler lernt zufällig die Übersetzerin kennen und verliebt sich in sie. Ehe die drei das glimpfliche Finale mit Sekt in Hamburg feiern können, ergötzt der Autor sich und uns mit allerlei gut recherchierten Einblicken in die heutige Buch- und die Finanz-Szene.

Der Leser lernt und vergnügt sich

Dass Magnusson sich im Literatur-Milieu auskennt, überrascht nicht. Dass er aber die Machenschaften und Winkelzüge im Händlersaal einer Bank so anschaulich darstellen und Milieu, Biotop und Lebensstil von Börsianern so glaubwürdig schildern kann, macht die eigentliche Stärke des Romans aus. Sich über die Gier von Bankmenschen moralisch zu empören und deren Untaten zu dämonisieren, liegt Magnusson gänzlich fern. Sein Erzähl-Gestus bleibt leicht und durchsichtig. Das macht seinen Roman vergnüglich, bei allem sorgfältig eingebauten Fachwissen.

Rezensentin: Sigrid Löffler
Redaktion: Gabriela Schaaf


Kristof Magnusson: Das war ich nicht. Roman
Verlag Antje Kunstmann, München 2010. 285 S., 19.90 €