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Löhne rauf – Beschäftigung runter?

3. November 2009

Die nächste Tarifrunde steht erst Anfang 2010 an, doch schon jetzt ist zwischen den zwei größten deutschen Gewerkschaften Ver.di und IG Metall ein Streit entbrannt, mit welcher Taktik man in die Verhandlungen gehen soll.

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Frank Bsirske (Foto: dpa)
Genug gespart: Frank Bsirske will höhere LöhneBild: AP

Ver.di will trotz anhaltender Krise endlich wieder mehr Geld für die Arbeitnehmer fordern. Für Berthold Huber, den Vorsitzenden der IG Metall, steht dagegen Jobsicherung im Vordergrund. Es geht um die Grundsatzfrage: Was kurbelt die Wirtschaft an?

Welcher Weg Deutschland aus der Krise führt, darüber entscheiden nicht zuletzt auch die Ergebnisse der Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst und der Industrie. Frank Bsirske argumentiert, dass die deutsche Wirtschaft nur dann wieder in Schwung kommt, wenn die Menschen mehr Geld in der Tasche haben. Claus Schnabel, Arbeitsmarktexperte der Uni Nürnberg-Erlangen, sieht die Forderungen Bsirskes kritisch: "Im Dienstleistungssektor ist die Arbeitsplatzgefahr nicht so groß, deswegen fordert er hier ein bisschen mehr. Aber der Staat muss sich das auch leisten können. Und da sieht es im Moment nicht so gut aus."

Ver.di und IG Metall: Krise wirkt sich unterschiedlich aus

Wo kein Geld da ist, kann man auch keins verteilen - das scheint zunächst eine einfache Rechnung zu sein. Für Ver.di würde es aber bedeuten, das siebte Jahr in Folge sinkende Löhne hinzunehmen. Davor warnt auch Reinhard Bispinck von der Hans-Böckler-Stiftung des Deutschen Gewerkschaftsbundes: "In Deutschland haben wir die Gefahr eines Preisverfalls. Den kann man natürlich nicht mit einer Nulllinie bei den Lohnerhöhungen bekämpfen."

Berthold Huber (Foto: AP)
Berthold Huber setzt auf pragmatische Forderungen

Berthold Huber geht es aber nicht in erster Linie ums Sparen. Sein Ziel ist vor allem, Arbeitsplätze in seinem Sektor zu sichern. Deshalb fordert er Realitätsnähe. Einbußen im Export, Arbeitsplatzabbau, Kurzarbeit - die arg gebeutelte Industrie steht in der Krise deutlich schlechter da als der Dienstleistungssektor.

Gewerkschaften nicht generell zerstritten

Streit hin, Streit her: Ein generelles Problem zwischen den beiden großen Gewerkschaften sieht Bispinck nicht. "Die DGB-Gewerkschaften sind schon immer autonom gewesen und das wird auch so bleiben", sagt Bispinck. Den Unterschied in der Akzentsetzung für die nächste Tarifrunde möchte er nicht überbewerten.

Die jüngsten Konjunkturdaten aus den USA und die Stabilisierung des deutschen Arbeitsmarktes geben Anlass zur Hoffnung, dass die Krise vielleicht langsam ein Ende findet. Dann werden sich auch die Positionen der Gewerkschaften wieder annähern. Claus Schnabel prognostiziert: "Wenn die Krise vorbei ist, wird auch die IG Metall wieder einen größeren Schluck aus der Pulle nehmen. Jetzt geht es aber erst mal darum, Arbeitsplätze zu sichern." Denn wenn es keine Arbeitnehmer gibt, hat die Gewerkschaft auch keine Mitglieder.

Autor: Friedel Taube
Redaktion: Zhang Danhong