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Laschet: Hürden für Abschiebungen senken

Astrid Prange8. Januar 2016

Die CDU will die Abschiebung straffälliger Ausländer erleichtern, wie Vize-Parteichef Armin Laschet im DW-Interview erläutert. Und er warnt: Das Schönreden von Vorkommnissen wie in Köln helfe nur den Rechtspopulisten.

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Armin Laschet (Foto: picture alliance)
Bild: picture alliance/Eventpress/Stauffenberg

Deutsche Welle: Der Kölner Polizeichef Wolfgang Albers ist am Freitagabend in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden. Können Sie sich erklären, warum er die Ereignisse der Silvesternacht am Kölner Hauptbahnhof so lange vertuscht hat?

Armin Laschet: Es gibt eine generelle Tendenz, Situationen schön zu reden, zum Beispiel bei anderen "No-Go-Areas" im Ruhrgebiet. Darauf hat die Gewerkschaft der Polizei hingewiesen. Im günstigsten Fall vermute ich, dass Herr Albers der Flüchtlingspolitik damit keinen Schaden zufügen und den Flüchtlingen helfen wollte. In Wirklichkeit hat er ihnen Schaden zugefügt, denn das ist für Rechtspopulisten natürlich ein willkommenes Fressen, wenn solche Informationen unterdrückt werden.

Der ehemalige hessische Ministerpräsident Roland Koch hatte 2007 im Wahlkampf die Abschiebung von kriminellen ausländischen Jugendlichen gefordert. Hatte er Recht?

Ein solches Thema gehört nicht in Wahlkämpfe, und es gehört nicht zugespitzt. Nach der jetzigen Rechtslage können Straftäter dann abgeschoben werden, wenn sie ausländische Staatsbürger sind und eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und mehr auferlegt bekommen. Drei Jahre Freiheitsstrafe ohne Bewährung ist allerdings eine sehr hohe Hürde, da muss man schon extrem schwere Straftaten begangen haben. Wer Straftaten wie am Kölner Hauptbahnhof begeht, soll abgeschoben werden können. Wer auf Dauer gegen die Regeln unseres Landes verstößt, der darf keinen Aufenthaltstitel haben.

Waren die Übergriffe auf Frauen in Köln Ihrer Ansicht nach religiös oder kulturell motiviert?

Ich kenne keine religiöse Vorschrift, die es gestattet, Frauen auf offener Straße zu belästigen, sie zu berühren, zu vergewaltigen und alles, was da in Köln stattgefunden hat. Das ist eher ein Zeichen von mangelndem Respekt vor Frauen, vor dem Rechtsstaat und vor geltenden Gesetzen. Ich würde mir wünschen, dass dies auch die religiösen Führer in Deutschland klarer sagen. Das sind Jugendliche, die Straftaten begehen, und die müssen bestraft werden, wie jeder andere auch. Das ist eine Frage der inneren Sicherheit und nicht der Religion.

Aber es gibt doch eine religiöse Konnotation. Es heißt, die Täter stammten aus nordafrikanischen Staaten und seien mehrheitlich Muslime….

Ich halte es für falsch, hier eine theologische Debatte anzuknüpfen. Meines Wissens ist es auch in Marokko, Ägypten oder Tunesien nicht erlaubt, dass Männer Frauen auf der Straße vergewaltigen oder so etwas stattfindet wie am Kölner Hauptbahnhof.

Polizei und Justiz beschweren sich seit langem über personelle Unterbesetzung und massive Arbeitsbelastung. Haben die Übergriffe in der Silvesternacht diese Probleme in ihrem ganzen Ausmaß verdeutlicht?

Die Frage der inneren Sicherheit wurde während der ruhigen Jahre vernachlässigt. Durch den internationalen Terrorismus, den wir gerade erleben, durch neue Sicherheitssituationen wird uns das Thema 2016 intensiver beschäftigen als in der Vergangenheit.

Deutschland Köln Proteste nach sexuellen Übergriffen (Foto: Oliver Berg/dpa)
Nach den Übergriffen in der Silvesternacht in Köln protestieren Frauen vor dem Dom gegen Sexismus und KriminalitätBild: picture-alliance/dpa/O. Berg

Sie waren von 2005 bis 2010 Integrationsminister von NRW. Was würden Sie machen, wenn sie heute Bundesintegrationsminister wären?

Die große Integrationsaufgabe, die jetzt vor uns liegt, wird vor allem eine Bildungsfrage sein. Die Kinder müssen sehr früh die deutsche Sprache lernen. Und die Älteren, die gekommen sind, werden ebenfalls in Integrationskursen und in Sprachkursen schnell Deutsch lernen müssen, damit sie im Arbeitsmarkt integriert werden können. Denn Integration durch Arbeit ist der beste Weg, um Desintegration zu verhindern.

Braucht Deutschland ein Bundesintegrationsministerium, wäre das ein wichtiges politisches Signal in der aktuellen Flüchtlingsdebatte?

Nein. Die Länder haben ja Integrationsministerien, das ist jetzt nicht meine Forderung.

Die rheinland-pfälzische CDU-Chefin Julia Klöckner hat vorgeschlagen, mit jedem Flüchtling einen Integrationsvertrag abzuschließen, in dem die Rechte und Pflichten festgelegt werden. Was halten Sie davon?

Wir müssen ja nicht über jedes Thema der Integrationsdebatte sprechen. Die Regeln sind klar, die Gesetze sind klar, und daran muss sich jeder halten. Das ist vielleicht typisch deutsch, dass man gleich wieder in Verträgen und Verpflichtungen denkt.

Hat Deutschland den Hang, die Figur des Flüchtlings zu idealisieren?

Nein. Wir haben alle die Bilder des syrischen Bürgerkrieges vor Augen, gerade in diesen Tagen, die Städte, in denen Menschen ausgehungert werden. Wenn die den Weg nach Europa finden, dann muss Europa Schutz gewähren, das ist es, was die vielen Tausenden von Ehrenamtlichen hierzulande motiviert. Wenn ich mit solchen ehrenamtlichen Helfern spreche, stelle ich da keinerlei Multi-Kulti-Illusionen fest, sondern konkrete mitmenschliche Hilfe für Menschen in Not, und das ist auch gut so, dass es eine solche Stimmung in unserer Bevölkerung gibt.

Das Gespräch führte Astrid Prange

Armin Laschet, 54, ist Vorsitzender der CDU in Nordrhein-Westfalen und stellvertretender Bundesvorsitzender der CDU.