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Interview mit Botschafter Dieter Haller

8. September 2009

Dieter Haller ist Deutschlands Botschafter in Südafrika. Der Diplomat fiebert dem 11. Juni 2010 entgegen. An diesem Tag wird die erste Fußball-WM auf afrikanischem Boden eröffnet.

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Tafelberg in Kapstadt. Foto: picture alliance
Eine Reise wert: Der Tafelberg in KapstadtBild: picture alliance/dpa

Seit zwei Jahren ist Dieter Haller deutscher Botschafter in Südafrika. Der 55-Jährige Diplomat aus Baden-Württemberg fiebert dem 11. Juni 2010 entgegen. An diesem Tag wird die südafrikanische Nationalmannschaft im Soccer City Stadion von Johannesburg das Eröffnungsspiel der Fußball-WM bestreiten. Die erste WM auf afrikanischem Boden soll ein neues, dynamisches Bild des Kontinents vermitteln. Gegenüber DW-WORLD.DE äußerte sich Haller zum Stand der Vorbereitungen.

DW-WORLD.DE: Dieter Haller, es sind noch gut neun Monate bis zur Fußball-WM 2010 in Südafrika. Wie sind Ihre Erwartungen?

Der Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Südafrika, Dieter W. Haller. Foto: dpa
Botschafter Dieter W. HallerBild: DPA

Dieter Haller: Wir werden 2010 sehr leidenschaftliche, sehr fröhliche, sehr laute und sehr bunte Fußballspiele sehen. Der Confederationscup im vergangenen Juni hat schon gezeigt, in welche Richtung sich das entwickelt. Die Südafrikaner sind fußballbegeistert, überhaupt sind die Afrikaner fußballbegeistert. Sportlich gibt es neue Mannschaften, die die Experten noch nicht so richtig auf der Rechnung hatten wie etwa Ägypten. Die haben Italien geschlagen. Oder die USA haben in einem bravourösen Finale die Brasilianer fast an den Abgrund einer Niederlage gedrängt. Vom Sportlichen her wird das eine sehr interessante Sache. Und für die Menschen ist das Ereignis deshalb so wichtig, weil sie sich geehrt fühlen, dass die FIFA ihre WM 2010 auf afrikanischem Boden stattfinden lässt. Das ist gut für das Gesamtklima zwischen Afrika und der westlichen Welt. Es ist aber auch gut für das Land selbst, weil Südafrika immer noch an den Erblasten des unmenschlichen Apartheidsystems leidet. Ich glaube, über die Fußball-WM können auch mentale Gräben zugeschüttet werden.

"Reisende müssen sich gut vorbereiten"

Es reisen jedes Jahr sehr viele Touristen aus Deutschland unbeschadet durch Südafrika, trotzdem wird vor allem über das Thema Sicherheit gesprochen. Wie sind denn da Ihre Einschätzungen?

Sicherheit ist natürlich ein Thema. Aber ich darf sagen, dass ungefähr 250.000 bis 300.000 deutsche Touristen, die sich jährlich auf den Weg nach Südafrika machen, mit tollen Erfahrungen zurückkommen. Ich glaube, man kann sich in Südafrika relativ sorgenfrei bewegen, wenn man sich an gewisse Grundregeln hält. Man muss einfach wissen, dass ein Großteil der besorgniserregenden Gewalt vor allen Dingen in den Townships außerhalb der Zentren der großen Städte stattfindet, wo sich ein Tourist normalerweise eben nicht hinbewegt. Man sollte im Grunde genommen auch abends solche Besuche in den Townships meiden. Man muss sich einfach gut vorbereiten, wenn man sich in Südafrika bewegt, ob als Individual- oder als Gruppenreisender. Südafrika bietet unheimlich viel: Eine hervorragende Hotel- und Beherbergungsinfrastruktur, eine sehr eindrucksvolle Landschaft und eine dynamische Kulturszene. Vor allem für Sportbegeisterte ist Südafrika das angesagte Land. Wir in der Botschaft haben uns fest vorgenommen, den Besuchern 2010 ausführliche und differenzierte Verhaltensregeln auf den Weg zu geben.

Die neuen Wahrzeichen

Das Soccer City Stadion in Johannesburg, Bildzulieferer: Wolfgang van Kann
Das Soccer City Stadion in JohannesburgBild: DW

Es wurde immer wieder darüber spekuliert, ob die WM überhaupt in Südafrika stattfinden kann, ob alles rechtzeitig fertig wird. Nun ist die Generalprobe, der Confederationscup, bereits gut über die Bühne gegangen. Wie ist der aktuelle Stand der Vorbereitungen?

Die Stadien sind weitgehend fertig. Es wird in neun Spielorten und in zehn Stadien gespielt. Fünf der Stadien sind Neubauten, drei davon werden übrigens mit deutschen Architektur- und Ingenieurleistungen gebaut. Ganz hervorragend ist beispielsweise das Green Point Stadion in Kapstadt. Aber auch die neuen Stadien in Durban und in Port Elizabeth sind wirklich Wahrzeichen des neuen dynamischen Südafrikas. Und nach meinem Eindruck werden alle organisatorischen Vorbereitungen rechtzeitig abgeschlossen sein. Ich hoffe zudem, dass die deutschen Fans vier Wochen lang Gelegenheit haben, im Lande zu verweilen, weil die DFB-Auswahl es bis ins Finale schafft. Ich bin sicher, dass die Fans mit neuen und positiven Erfahrungen dann wieder nach Hause reisen werden.

"Die eine oder andere Unebenheit"

Als ein Manko gilt das Transportproblem. Wie kommen die Fans durch das Land und zu den Stadien?

Südafrika ist kein industriell entwickeltes Land mit der Infrastruktur wie wir das aus Westeuropa und aus Deutschland kennen. Es gibt natürlich die eine oder andere Unebenheit. Dazu gehört der noch schwach ausgebaute Personen- und Nahverkehr. Aber die Regierung will die WM nutzen, um den Einstieg in ein funktionierendes und zukunftgerichtetes System zu schaffen. Ich denke da an Gautrain, die Schnellzugverbindung zwischen Johannesburg und Pretoria, den Spielstätten, den Finanzzentren und dem Flughafen. Und Stichwort 'Bus Rapid Transit': Die Regierung wird 1500 Busse kaufen und ein vorrangiges Bussystem in den Spielstädten einrichten. Das ist vor wenigen Tagen in Johannesburg auf den Weg gebracht worden. Da gibt es natürlich noch gewisse Geburtswehen. Es wird nicht alles so vernetzt funktionieren wie der öffentliche Nahverkehr in bundesdeutschen Städten, aber es wird ihn geben. Viele Touristen werden natürlich auch individuell Autos anmieten. Hier wird das neue Park and Ride-System, das beim Confederationscup getestet wurde, einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung des Transportsystems leisten.

Laut und bunt

Südafrikanische Fans mit den sogenannten Vuvuzelas. Foto: dpa
Südafrikanische Fans mit ihren VuvuzelasBild: dpa

Die WM in Deutschland war auch deshalb ein Erfolg, weil es Public Viewing gab und öffentliche Feiern in den Städten. In Südafrika haben wir während der WM Winter. Wie kann da eine Atmosphäre entstehen?

In Gauteng mit der Provinzhauptstadt Johannesburg, im Norden des Landes also, finden 47 der 64 Spiele statt. Der südafrikanische Winter ist eine trockene Jahreszeit mit sehr angenehmen Tagestemperaturen, die den europäischen Sommertemperaturen entsprechen. Im Winter kann es zwar schon mal ein bisschen kalt werden, in Bloemfountain etwa hatten wir bei einem Abendspiel Temperaturen von zwei bis drei Grad Celsius. Es wird aber Fanparks in jedem Spielort geben. Und die Kommunen können Public Viewing Räume auszuweisen und organisieren. Auch da zeigen die ersten Erfahrungen vom Juni, dass das durchaus funktioniert. Ob jetzt natürlich dieselbe Sommermärchen-Atmosphäre entstehen wird, weiß ich nicht. Aber ich hatte beim Confederationscup schon das Gefühl, dass die südafrikanischen Fans unheimlich leidenschaftlich, unheimlich laut und mit dem Herzen dabei sind. Wir werden daher eine sehr, sehr herzliche, warmherzige Fußballatmosphäre erleben.

Sollte sich die deutsche Mannschaft nicht für die WM qualifizieren können, welche Konsequenzen hätte das für den Gastgeber?

Der Chef des Organisationskomitees, Dennis Jordaan, sagte mir: 'Wir brauchen zur erfolgreichen WM drei Länder und zwar die Engländer, die Italiener und Euch, die Deutschen.' Ich gehöre zu den Berufsoptimisten, ich gehe wirklich fest davon aus, dass unsere Mannschaft sich qualifizieren wird. Alles andere wäre natürlich eine große Ernüchterung. Die Fußball-WM in Südafrika ist ein wichtiger Motor und Katalysator für zukunftsweisende Entwicklung. Und das wir als Bundesrepublik Deutschland daran mitwirken, gereicht uns zur Ehre und stärkt die bilateralen Beziehungen auf lange Zeit.

Das Interview führte Arnulf Boettcher
Redaktion: Joachim Falkenhagen