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Laxer Umgang mit dem tödlichen Thema

Monika Hoegen 22. Juli 2004

Mangelnde Aufklärung in der Dritten Welt ist ein wichtiges Thema auf der Welt-Aids-Konferenz. Das deutsche Präventionsmodell dient als Vorbild. Doch gerade in Deutschland ist das Sexualverhalten junger Leute alarmierend.

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Bild: DHM

Sie sind jung und lebenslustig - und haben von dem Aids-Schock der 1980er-Jahre nicht mehr viel mitbekommen: Jugendliche in Deutschland. Besonders die unter 20-Jährigen laufen Gefahr, das Thema nicht mehr so ernst zu nehmen, heißt es bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Viele Jungen und Mädchen seien falsch informiert. Ein Viertel von ihnen glaube sogar, HIV sei auf bestimmte Personenkreise beschränkt oder man könne den Virus jemandem ansehen.

Die Kritik der Gesundheitsschützer: Das Thema Aids verschwinde immer mehr aus der Berichterstattung in Deutschland - abgesehen von einzelnen Stichtagen, wie etwa dem Welt-Aids-Tag am 1. Dezember.

Jede Generation muss sensibilisiert werden

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Larissa ist 16 Jahre alt und besucht ein Gymnasium in Köln. "Wenn man jetzt alte Werbekampagnen in alten Zeitschriften sieht, war das ein weitaus größeres Thema als heute. Die Jugendlichen gehen total falsch damit um, also die schweigen das eher tot, als dass sie darüber reden, vor allen Dingen mit ihren Partnern."

Larissas Klassenkameradin Caro will das Thema keinesfalls
tot schweigen. Sie hat seit einiger Zeit einen festen Freund und zu Anfang der Beziehung mit ihm auch über Aids geredet, sagt sie. Dennoch glaubt auch Caro: Mehr Aufklärung täte not. "Also ich denke, dass ich persönlich schon genügend darüber informiert bin. Also in den 80er Jahren, das war ja ein total großes Thema und danach ist es wieder in Vergessenheit geraten und ja ich finde, man sollte weiterhin Aufklärungskampagnen machen."

Andere, wie die 15-jährige Daniela, haben derzeit noch keinen Partner. Aber das Thema Aids ist schon jetzt ein heikles Thema zwischen ihr und ihren Eltern. "Die haben immer Angst, dass ich mich irgendwo anstecken könnte, obwohl das im Moment nicht wirklich eine Gefahr ist. Und dann reden wir über Prävention. Die schmeißen mir Kondome hinterher. Wir sind eine sehr offene Familie."

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Trotz dieser Offenheit: "Ausland" und "Schwule" sind die Begriffe, die Daniela als erstes in Zusammenhang mit Aids einfallen. Also doch nur eine Krankheit der anderen? Keine Gefahr für die "Normalen" in Deutschland? "Doch auch häufig, aber da wird weniger drüber geredet. Das ist immer noch ein Tabuthema," sagt sie.

Risikogruppen als Entschuldigung

Dass die Krankheit Aids und mit ihr die Betroffenen oft völlig zu unrecht in eine bestimmte Ecke gestellt werden, glaubt auch Larissa. Viele denken, die Krankheit käme aus einer anderen Szene, der Schwulenszene oder Drogenszene. Auf die heterosexuelle Beziehung würde Aids überhaupt nicht bezogen.

Der 17-jährige Tibor sieht noch ein anderes Problem: Die große Kluft zwischen Wissen und Handeln. "Jeder Jugendliche weiß eigentlich was Aids ist, wie man es bekommen kann und wie man sich schützen kann, aber die wenigsten denken an die Konsequenzen, die meisten kommen gar nicht auf die Idee, mal einen Aids-Test zu machen". Und wenn sie unsafen Sex hatten, kämen sie gar nicht auf die Idee, dass sie infiziert sein könnten.

Klarere Bilder und Worte

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Vielleicht könnten andere Werbekampagnen da Abhilfe schaffen, meint Tibor. Die sollten die Folgen der Krankheit ruhig noch drastischer darstellen, als das bisher der Fall sei. "Man sollte vielleicht mehr über die Konsequenzen aufklären. Man sieht immer diese Werbung 'Mach's Mit', aber warum man jetzt im Endeffekt verhüten soll, wissen viele Leute auch nicht. Dass Aids halt meistens auch den Tod bedeutet, daran denken die wenigsten."

Larissa hat zum Schutz für junge Paare außerdem noch einen praktischen Tipp parat: Blutspenden. "Da wird man ja automatisch auch auf Aids getestet, hat dazu eine gute Tat getan und weiß dann im Prinzip Bescheid." In einem sind sich die Jugendlichen allerdings einig: "Im Prinzip" wissen alle, wie gefährlich Aids ist. Doch in der ersten Verliebtheit, im entscheidenden Moment das Richtige, sprich: es nur "mit" zu tun, das falle trotz aller Aufklärung eben doch mächtig schwer.