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Leben in Merseburg: Wer sucht, der findet

5. November 2010

Ausgehen oder eingehen - diese Frage stellt sich zunächst angesichts des knappen Freizeitangebotes in Merseburg. Doch wer sucht – und mobil ist – wird auch fündig.

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Merseburg Schloss (Foto: DW)
Das Merseburger Schloss ist ein beeindruckendes Zeugnis der Spätrenaissance.

Das Positive gleich vorweg: Auch in Merseburg gibt es ein studentisches Leben jenseits der Hörsäle, wenn auch in komprimierter Form. So wie der Campus - quadratisch, praktisch - ist auch das Campus-Leben. In den würfeligen Unterkünften in der Geusaer Straße etwa finden sich einige altgediente Studentenclubs, die in bester Wohnheim-Atmosphäre schon manches Studentenleben begleitet haben. Dass die Namen der Clubs – "Reaktor", "Alchemistenfalle", "Wärmi" – alle der chemischen Fachrichtung entlehnt scheinen, ist bei der hohen Dichte an entsprechenden Fach-Ingenieuren nicht weiter verwunderlich. In den Clubs, die alle am Campus liegen, kann den ganzen Abend hindurch getrunken, geredet und gefachsimpelt werden. Vor allem aber unter der Woche – am Wochenende hingegen ist Eigeninitiative gefragt. Nicht wenige Studierende fahren dann ins nahe gelegene Halle oder gleich nach Leipzig, wo die Nacht zum Tag gemacht wird. Oder, auch beliebt, man veranstaltet im Wohnheim seine eigene Party. Mindestens eine pro Semester wird legendär und noch Jahre später ehrfurchtsvoll von Mund zu Mund getuschelt.

Über den Tellerrand hinaus

Merseburg Dom (Foto: picture-alliance / akg-images)
In der Gruft des Doms ruht der berühmteste Sohn der Stadt.Bild: picture-alliance / akg-images

Verlässt man die Clubs und den Campus auf der Suche nach weiteren Freizeitmöglichkeiten, ist man schnell auf die Klassiker Sport treiben – im Fitnesscenter – und Spazieren gehen – im Tierpark – verwiesen. Ein Ausbruch in die nähere Umgebung lohnt also, zum Beispiel in Richtung Innenstadt. Ein Fußmarsch von 20 Minuten, und schon steht man am Dom. Hier, in der Gruft, liegt der wohl berühmteste Merseburger, Rudolf von Schwaben, einst Gegenkönig Heinrich des Vierten. Der hohe Herr ist heute ein beliebtes Ausflugsziel – nicht nur für historisch Interessierte: Rudolf ruht unter einer kunstvoll gearbeiteten Bronzeplatte, dem ersten plastischen Grabmal des hohen Mittelalters.

Auf dem Domplatz findet sich eine weitere Merseburger Eigenheit, die Kunststiftung "benzi bena". Die Bezeichnung leitet sich – wie so vieles in der Stadt – von den berühmten Zaubersprüchen her. Hier in der Stiftung finden vor allem anspruchsvolle künstlerische Veranstaltungen und Ausstellungen statt, die sich mit der jüngeren deutsch-deutschen Vergangenheit beschäftigen.

Goethe und Eigeninitiative

Goethe-Theater in Bad Lauchstädt (Foto: DW / Sabine Wuttke)
Das Goethe-Theater in Bad Lauchstädt bietet große Dramen auf kleiner Bühne.Bild: Sabine Wuttke

Wer noch etwas weiter ins Land schaut, findet in der Nähe das Städtchen Bad Lauchstädt. Das Theater dort ist unter Mitwirkung Johann Wolfgang von Goethes entstanden und trägt noch heute seinen Namen. Die Aufführungen in dem ebenso liebevollen wie kunstsinnigen Ambiente ist für all jene eine Empfehlung, die sich auch auf kleinen Bühnen die großen Dramen dieser Welt anschauen wollen. Die Reise lohnt sich, zumal Bad Lauchstädt nur 15 Kilometer von Merseburg entfernt liegt. Oder, um es in den Worten von Meister Goethe zu sagen: "Ich wollte, Sie hätten Lust und Muth, sich aufzumachen und nach Lauchstädt zu kommen."

Überhaupt sollte jeder, der in Merseburg studiert, sofern er nicht notorisch über seinen Büchern hockt, mobil bleiben und zumindest Bahn oder Mitfahrgelegenheit im Auge haben. Die Wochenenden auf dem Campus können mitunter eintönig und lang werden, wenn nicht gerade eine Party stattfindet und man die Bücher dann doch einmal weg legen möchte. Denn eines ist klar: Eine Dauerberieselung in Sachen Kultur und Nightlife wie in Halle oder Leipzig findet hier nicht statt - schon eher steht man vor der Herausforderung, sich selbst etwas einfallen zu lassen.


Autor: Sven Näbrich
Redaktion: Stephanie A. Hiller