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Leben retten mit Warn-Apps

Carina Groß27. Juli 2016

Smartphone-Apps wie NINA und KATWARN sollen uns vor Terroranschlägen oder Naturkatastrophen warnen. Aber kann man sich wirklich auf sie verlassen? Und wie soll das gehen? Hier einige Antworten.

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Unwetter in Nordrhein-Westfalen
Bild: picture-alliance/dpa

Chaos auf den Straßen. Menschen rennen orientierungslos durch die Gegend. Sie suchen ihre Angehörigen. Beim Amoklauf in München hat die Warn-App KATWARN einigen Menschen geholfen, über die aktuelle Gefahrenlage informiert zu werden und somit betroffene Plätze zu meiden.

Doch das elektronische Warnsystem war auf so viele Zugriffe nicht vorbereitet und zwischenzeitlich nicht erreichbar. Tritt nun eine Gefahrenlage ein, bei der sehr viele Menschen Informationen brauchen, sollten solche Warn-Apps natürlich auch zuverlässig arbeiten.

Wie funktioniert KATWARN?

KATWARN ist ein allgemeines Warnsystem. Es soll bei einer Vielzahl von Notfällen wie Unwettern, Großbränden, Chemieunfällen oder Schießereien die Nutzer warnen und ihnen Verhaltensempfehlungen geben. Die erreichen die Menschen dann entweder per SMS, E-Mail oder Pushmeldung via App. Die Informationen kommen von Behörden, Rettungsdiensten oder dem Deutschen Wetterdienst.

Das Fraunhofer Institut für Offene Kommunikationssysteme FOKUS in Berlin hat die kostenlose App entwickelt, um direkt über das Mobiltelefon vor Gefahrensituationen zu informieren. Dabei erfolgt die Registrierung mit Hilfe der Postleitzahl oder der Servicenummer.

Der Vorteil von KATWARN ist, dass man sehr gezielt über die lokale Gefahrenlage an einem bestimmten Ort informiert werden kann, weil man sich für bestimmte Regionen (Kreise oder Gemeinden) registrieren muss. Der Nachteil ist: Wenn man sich gerade woanders aufhält, bekommt man trotzdem nur Informationen für die Orte, für die man sich registriert hat, nicht aber für den, wo man gerade ist.

Gibt es Alternativen?

Die App NINA. Entwickelt vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe informiert ihre Nutzer bundesweit über das was dort passiert, wo sie gerade sind. NINA basiert auf dem sogenannten "modularen Warnsystem" (MoWaS). Es teilt sich in drei Bereiche auf: Auslösung, Übertragungsweg und Endgeräte.

"Der Ursprungsgedanke war eine App zu entwickeln, die vor allem vor militärischen Raketenangriffen warnt, zum inneren Schutz sozusagen," erklärt der Präsident des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe Christoph Unger.

Deutschland NRW "Katwarn" App warnt vor Katastrophen (Foto: Fredrik von Erichsen/dpa)
Die App KATWARN informiert über Gefahrenlagen in den Orten, die der Nutzer abonniert hatBild: picture-alliance/dpa/F. Erichsen

Unterstützung zur Sicherheit

Bisher gab es dazu - und gibt es auch noch - Luftalarm mit Sirenen. Die sind etwa auf den Dächern von Schulen oder Rathäusern installiert. Das allein sei aber nicht mehr zeitgemäß: "Ein Großteil der Bevölkerung reagiert nicht mehr auf diese Form von akustischen Signalen. Deshalb mussten wir mit der Zeit mitgehen und haben die App entwickelt."

"Die Apps sind gute Ergänzungen zu den bisher bestehenden Sicherheitsmechanismen, wie auch Funk und Fernsehen oder Social Media", sagt Daniel Faust. Er ist Gruppenleiter der Abteilung "Public Safety" des Fraunhofer-Instituts das KATWARN entwickelt hat. Die Apps seien daher nur als zusätzliche Informationsquelle zu verstehen.

Polizeieinsatz am Stachus (Foto: picture-alliance/dpa/A. Gebert)
Fehlinformationen schaukeln sich hoch: Hier am Stachus gab es zwar keine Täter, aber Panik und einen Einsatz.Bild: picture-alliance/dpa/A. Gebert

Im Ernstfall zu spät?

Was natürlich keine App leisten kann: Rechtzeitig vor Amokläufen oder Terroranschlägen warnen, die nicht vorhersehbar waren. Zumindest müssen die Behörden, die die Warnung auslösen schon wissen, dass irgend etwas im Gange ist. Und niemand will zu früh eine Warnung aussprechen, denn auch gutgemeinte Fehlinformationen können Menschen verunsichern. "Die Kommunikation ist in solchen extremen Situationen sicherlich nicht einfach", sagt Daniel Faust.

Der Amoklauf von München ist ein Beispiel dafür: Dort flossen Informationen nicht nur über die offiziellen Apps sondern auch über soziale Medien wie Twitter oder Facebook. Das geht zwar noch schneller, weil jeder etwas eintragen kann, aber die Informationen sind nicht verifiziert. Das kann dann auch nach hinten losgehen: Selbst weit weg vom eigentlichen Geschehen, am Stachus in der Innenstadt, kam es so zu einer Paniksituation. Menschen rannten plötzlich um ihr Leben. Auslöser der Panik war wohl eine Information, dass möglicherweise noch weitere Täter unterwegs sein könnten.

Besser auch nicht zu früh!

Und in der Tat hat die Polizei lange gewartet, bevor sie die Warnung verbreitet hat: "Die Lage war in den ersten ein, zwei Stunden sehr lokal und man wollte die Bevölkerung nicht irritieren," sagt Faust. "Erst als der Täter aus dem Einkaufszentrum raus ist, hat man für die Stadt die Terrorlage ausgerufen, weil da erst von einer akuten Bedrohung für die Bevölkerung ausgegangen werden konnte". Nachdem die Stadt den Beschluß zur Warnung dann aber gefasst hatte, ging alles sehr schnell.

Vorreiter bei der Entwicklung dder Apps KATWARN und NINA ist die Katastrophenschutzbehörde FEMA aus den USA. Ihre App warnt ebenfalls vor Schneestürmen oder Terroranschlägen. Und sie bietet zusätzlich ein umfangreiches "Survival-Programm" mit Verhaltenstipps vor und nach Katastrophen. Sie ist ebenfalls für Android erhältlich, in der englischen Version.