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Als Rentner auf den Philippinen

24. April 2010

In vielen Industrienationen steigen die Lebenshaltungskosten - vor allem für Rentner ist das oft schwierig. Die Philippinen bieten Senioren aus dem Westen komfortable Rentendörfer zu günstigen Preisen an.

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Rentnerehepaar in Indang: Der Brite Raymon Humphrey und seine Frau Cleopatra (Foto:DW/Martina Merten)
Rentnerehepaar in Indang: Der Brite Raymon Humphrey und seine Frau CleopatraBild: DW

"Paradise is as near as we are ever likely to find one", sagt Raymond Humphrey und rührt dabei in seinem Tee. Der 79-jährige Rentner sitzt auf einer Plüschcouch. Auch sonst erinnert alles im Haus des Briten an dessen Herkunftsland Großbritannien. Humphrey und seine Frau Cleopatra haben dieser Heimat allerdings vor fünf Jahren den Rücken gekehrt. Ihr Haus befindet sich in Indang Village, einem britischen Rentnerdorf zwei Stunden von der philippinischen Hauptstadt Manila entfernt.

In England hätte ein Pflegeheim pro Woche umgerechnet 550 Euro gekostet. Das war dem Rentner zu viel Geld, zumal er die Atmosphäre in diesen Einrichtungen "immer ganz schrecklich" fand. In einer Londoner Zeitung stieß er auf eine Reklame für Indang Village. Die Humphreys verkauften ihr Haus in Hastings, packten ihre Koffer und bauten sich innerhalb des 19 Hektar großen Geländes von Indang für einen Bruchteil des Verkaufspreises ein Haus nach britischem Geschmack. Raymond Humphrey hat diesen Schritt nicht bereut: Hier in Indang, sagt der Brite, scheine meist die Sonne, die Filipinos seien freundlich und die Lebenshaltungskosten gering.

Rentendörfer boomen

Das britischen Rentnerdorf Indang Village auf den Philippinen (Foto:DW/Martina Merten)
Leben wie in England – im britischen Rentnerdorf Indang Village auf den PhilippinenBild: DW

Indang Village ist eines von rund zehn Rentnerdörfern für Ausländer auf den Philippinen. In diesem Jahr sollen nach Angaben der "Philippine Retirement Authority" weitere Anlagen über das ganze Land verteilt entstehen. Gespräche mit Investoren laufen auf Hochtouren, sagt Reynaldo de Lion Lingat, Generaldirektor der Behörde. Um die Dörfer herum planen die Investoren den Bau von Supermärkten, Geschäften und Krankenhäusern. Der Besitzer von Indang Village, Gil E. Zarcilla, hat vor kurzem eine ansehnliche Summe in den Bau einer Pflegestation auf dem Gelände investiert. Schließlich, sagt der in England lebende Filipino, sei gerade für ältere Menschen eine wohnortnahe pflegerische Versorgung das A und O.

21.000 Senioren haben sich der Rentenbehörde zufolge für den Lebensabend auf dem Inselstaat entschieden. Jährlich kommen 600 neue hinzu. Die Regierung fördert diese Entwicklung, indem sie für vergleichsweise wenig Geld dauerhafte Rentenvisa vergibt. In Nachbarländern wie Thailand, Vietnam oder Malaysia ist der bürokratische Aufwand höher und das Visum zeitlich begrenzt.

Steigende Kosten für wachsende Rentnerschar im Westen

Menschen weltweit werden immer älter. Im Jahre 2050 wird mehr als ein Fünftel der Weltbevölkerung den Vereinten Nationen zufolge mindestens das 60. Lebensjahr erreicht haben. Die Entwicklung in Ländern wie Deutschland, Großbritannien, Japan oder Italien ist besonders drastisch – hier werden bis 2050 mehr als 30 Prozent der Bevölkerung 65 Jahre und älter sind. Diese Entwicklung geht einher mit steigenden Kosten für Pflege und ärztliche Versorgung – Kosten, die die wachsende Schar an Rentnern durch niedrige Renten und teure Lebenshaltungskosten in Industrienationen schon heute kaum noch tragen kann – Rentner wie die Humphreys. Die Folge: Immer mehr ältere Menschen verlassen ihr Heimatland, um in der Ferne Kosten zu sparen und die letzten Lebensjahre auf der Sonnenseite zu verbringen.

Handelskammern in Manila unterstützen Auslandsrentner

Henry Schumacher und Marc Daubenbüchel von der Europäischen Handelskammer in Manila(Foto: DW/Martina Merten)
Henry Schumacher und Marc Daubenbüchel von der Europäischen Handelskammer in ManilaBild: DW

Henry Schumacher sieht in der Entwicklung in Europa eine Chance für Länder wie die Philippinen. Deshalb hat der Vize-Präsident der Europäischen Handelskammer in Manila vor drei Jahren eine "Retirement and Healthcare Coalition" gegründet – einen Zusammenschluss verschiedener Handelskammern, der sich als Servicedienstleister für deren Mitglieder und solche, die über die Philippinen als Renten-Ort nachdenken, versteht. "Vor dem Hintergrund der steigenden Pflegekosten in Europa sind die Philippinen ein Paradies", sagt der Deutsche.

Die Koalition hat erst kürzlich ein spezielles "Long-Stay-Visitor Programm" entwickelt, das interessierten Rentnern eine Testphase auf dem Archipel ermöglicht. Senioren, die sich für den Gedanken eines sogenannten Second Home begeistern können, ermöglicht ein maximal sechs Monate gültiges Visum einen längeren Einblick. Während dieses Aufenthaltes hilft die "Retirement Koalition" dabei, eine angemessene Unterkunft zu finden, unterstützt die Suche nach guten Krankenhäusern und Ärzten, berät beim Abschluss einer hochwertigen Auslandskrankenversicherung und erstellt auf Wunsch eine elektronische Krankenakte des Rentners, auf der alle wichtigen Krankendaten gespeichert sind. Nicht zuletzt überprüft die Koalition die Qualitätsstandards von Rentendörfern wie Indang Village – dem Zuhause von Raymond und Cleopatra.

Autorin: Martina Merten
Redaktion: Thomas Latschan