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Lebenslang für den letzten Attentäter von Beslan

26. Mai 2006

Ein russisches Gericht hat den einzig überlebenden Geiselnehmer von Beslan am Freitag (26.5.2006) zu lebenslanger Haft verurteilt. Auch danach bleiben viele Fragen und Vorwürfe ungeklärt.

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Verurteilter Mörder und Terrorist: Nurpaschi KulajewBild: AP

Das Gericht befand ihn in allen Anklagepunkten - darunter auch Terrorismus und Mord - für schuldig. Die von der Staatsanwaltschaft beantragte Todesstrafe könne aus rechtlichen Gründen nicht verhängt werden, sagte der Vorsitzende Richter Tamerlan Agusarow vom Obersten Gerichtshof von Nordossetien. Die Vollstreckung der Todesstrafe ist in Russland seit 1996 verboten.Der angeklagte tschetschenischen Zimmermann Nurpaschi Kulajew hatte auf unschuldig plädiert.

Nordossetien Feuerwehrmann in der ausgebrannten Turnhalle Geiselnahme
Feuerwehrmann in der ausgebrannten TurnhalleBild: AP

Das Gericht wies die Unschuldsbekundungen zurück. Kulajews Behauptung, er sei von anderen Tschetschenen zur Beteiligung gezwungen worden, erkannte der Richter nicht an. Die Zeugenaussagen widersprächen der Darstellung, er habe niemals Geiseln bedroht oder ihnen Schaden zugefügt. Das Gericht befand Kulajew schuldig, eine Bombe gezündet und sich an der Erschießung von 16 Geiseln beteiligt zu haben. Er soll auch Kinder und andere Geiseln erschossen haben, die am dritten Tag zu fliehen versucht hatten. Er trage auch eine Verantwortung für den Tod der vielen Menschen und des Sachschadens in Höhe von 34 Millionen Rubel (eine Millione Euro). "Das sind alles erfundene Geschichten", zitierte ihn Interfax. Kulajew hat zugegeben, an dem Überfall auf die Schule von Beslan teilgenommen zu haben, hat aber den Vorwurf zurückgewiesen, selbst jemanden getötet zu haben.

Verlesung über anderthalb Wochen

Die Verlesung des Urteil zog sich über eineinhalb Wochen hin. Angehörige der Opfer versuchten Kulajew bei der Urteilsverkündung anzugreifen, wurden aber von Gerichtswachen daran gehindert.

Der 1980 geborene Tschetschene war am ersten Schultag Anfang September 2004 als einer von rund 30 Extremisten an der Besetzung einer Schule in Beslan beteiligt, bei der 1300 Menschen als Geiseln genommen wurden. Während des mehrtägigen Dramas und der Befreiungsaktion starben 331 Menschen, die Hälfte davon Kinder. Nach offiziellen russischen Angaben hat außer Kulajew kein Geiselnehmer überlebt.

Vorwürfe der Angehörigen

Überlebende und Angehörige der Opfer machen den russischen Behörden schwere Vorwürfe. Viele werfen den Behörden vor, Kulajew sei der Sündenbock, um von eigenem Versagen abzulenken. Sie kritisieren, dass sich die Terroristen mit ihrer schweren Bewaffnung ungehindert in der Region bewegen konnten. Bei der Erstürmung war es Augenzeugen zufolge zu schweren Pannen gekommen, die die rasche medizinische Versorgung von Verletzten verhinderten. Zudem habe die Feuerwehr nicht genug Löschwasser gehabt und es seien schwere Waffen eingesetzt worden, obwohl das Schicksal zahlreicher Geiseln ungeklärt gewesen sei. Auch eine offizielle Untersuchung stellte fest, dass Versäumnisse und Inkompetenz der Behörden zum Ausmaß der Tragödie beigetragen hätten, ohne allerdings Verantwortliche beim Namen zu nennen. (sam)