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Lebenslang für "Kannibalen von Rotenburg"

9. Mai 2006

Der so genannte Kannibale von Rotenburg, Armin Meiwes, muss lebenslang ins Gefängnis. Meiwes hatte gestanden, einen Bekannten getötet und Teile der Leiche aufgegessen zu haben.

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Der Täter: Armin MeiwesBild: AP
Kannibale von Rotenburg - Tatort
Der Tatort: Meiwes' Haus bei Rotenburg an der FuldaBild: AP

Das Frankfurter Landgericht hat den so genannten Kannibalen von Rotenburg am Dienstag (9.5.2006) zu lebenslanger Haft verurteilt. Das Frankfurter Landgericht sprach den 44-jährigen Computerfachmann aus dem hessischen Rotenburg in einem wieder aufgerollten Verfahren wegen Mordes in Tateinheit mit Störung der Totenruhe schuldig. Meiwes hat vor Gericht erneut zugegeben, am 10. März 2001 in Rotenburg einen Ingenieur getötet, zerlegt und in Teilen gegessen zu haben. Ein erstes Urteil des Landgerichts Kassel zu achteinhalb Jahren Haft wegen Totschlags hatte der Bundesgerichtshof aufgehoben.

Geständnis aller Details

Die Frankfurter Richter stellten jedoch keine "besondere Schwere der Schuld" fest. Damit kann Meiwes nach 15 Jahren unter Umständen wieder freikommen. Nach Überzeugung des Gerichts hat Meiwes aus sexuellen Motiven gehandelt. Zwei psychiatrische Gutachter hatten Meiwes in dem Prozess eine schwere seelische Störung attestiert, ihn gleichzeitig aber für voll schuldfähig erklärt. In diesem Fall hatte das Gericht kaum eine rechtliche Möglichkeit, Meiwes in die Psychiatrie einzuweisen. Die Staatsanwaltschaft hatte eine lebenslange Haftstrafe ohne Bewährung gefordert. Die Verteidiger hatten beantragt, Meiwes lediglich wegen Tötung auf Verlangen zu verurteilen. Darauf stehen höchstens fünf Jahre Haft.

Kannibale von Rotenburg - Opfer
Das Opfer: Bernd B.Bild: AP

Unstrittig ist, was sich im März 2001 in dem von Meiwes bewohnten alten Gutshof in Rotenburg-Wüstefeld abspielte, vor laufender Videokamera geschah das Verbrechen an dem Diplomingenieur Bernd B. aus Berlin, den der Angeklagte im Internet kennen gelernt hatte.

"Schwere seelische Abartigkeit"

Armin Meiwes ist psychisch schwer krank und lebt in einer Welt, in der das Verspeisen von Menschen normal erscheint. Eine "schwere seelische Abartigkeit" haben ihm die psychiatrischen Sachverständigen Klaus Beier und Georg Stolpmann in den Prozessen von Kassel und Frankfurt attestiert: Meiwes zentrales Sexual-Fetisch ist die Vorstellung, Muskelfleisch von schönen, jungen Männern zu bearbeiten und zu essen, um diese in sich aufzunehmen. Die Wiederholungsgefahr sei hoch, wenn er erneut einen Freiwilligen finde.

Das Landgericht Kassel hatte Meiwes wegen dieser Tat, deren rechtliche Bewertung oft als juristisches Neuland angesehen wurde, im Januar 2004 wegen Totschlags zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt. Nach Einschätzung der Kasseler Richter entsprach die Tat den krankhaften Wünschen von Täter und Opfer: Beide hätten einvernehmlich eine "Vereinbarung" getroffen. Daher liege nicht Mord, sondern nur Totschlag vor. Doch der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hob das Urteil im April 2005 auf und verwies den Fall an das Landgericht Frankfurt. Nach Ansicht des BGH verkannten die Kasseler Richter mehrere Mordmerkmale.

Das Opfer als Anstifter?

Meiwes drei Verteidiger hatten an ihrer in Kassel recht erfolgreichen Strategie festgehalten, das Opfer als eigentlichen Anstifter des grausigen Geschehens im Hofgut Wüstefeld hinzustellen. Die Frankfurter Staatsanwaltschaft sah nun gleich drei Mordmerkmale als verwirklicht an: Nach ihrer Überzeugung tötete Meiwes sein Opfer zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus niederen Beweggründen sowie zur Ermöglichung einer anderen Straftat, nämlich der Störung der Totenruhe. Er habe sich mit dem Schlachten eines Menschen eine Art Kino für den Kopf erschaffen wollen, um dieses später bei der Selbstbefriedigung einzusetzen, sagte Staatsanwalt Marcus Köhler. (stu)