Leonie Swann: Glennkill
20. August 2005Dass durchaus nicht nur Menschen kriminalistischen Spürsinn besitzen, zeigt das originelle Debüt der deutschen Autorin Leonie Swann. Unverdächtig herangrasend belauschen die wolligen Kriminalisten die Gespräche der Menschen, reimen sich so manch abstrusen Tathergang zusammen und legen auf dem leckersten Teil ihrer Weide einen George-Gedächtnisplatz an, auf dem Grasen tabu ist - und der seltsamerweise dennoch schrumpft.
Wie Menschen sich verhalten, wissen die Schafe bislang nur von den Romanen, die ihnen George an lauschigen Nachmittagen vorgelesen hat. Nun aber haben sie genug Gelegenheiten zu eigenen Analysen, denn auf der Wiese ist plötzlich eine Menge los. Lilly, Georges Frau, und Ham, der Metzger, sind nicht die einzigen, die nächtens durchs stille Schafsidyll schleichen.
Tierisch gut drauf
Um dem Treiben auf die Schliche zu kommen, brechen die Schafe schließlich selbst zu nächtlichen Abenteuern auf und statten Dorfkirche und Friedhof ebenso einen Besuch ab wie der Dorfkneipe. Und sie versuchen schließlich, den Menschen beim "Smartest-Sheep-of-Glennkill-Contest", dem Wettbewerb um den Titel cleverstes Schaf des Ortes, ihre Sicht auf die Dinge klar zu machen - mit überraschendem Ergebnis für alle Beteiligten.
Schnell hat man Mopple the Whale, das Gedächtnisschaf, ebenso ins Herz geschlossen wie Othello. Das schwarze Schaf der Herde, und das düstere Wanderschaf Melmoth. Die Mörderjagd nach Schafslogik ist ein Lesevergnügen für entspannte Urlaubstage. Warmherzig und witzig schildert Swann, wie wollige Grasmümmler ihre Welt und all die Merkwürdigkeiten komplizierter Menschenwesen sehen. Ein ungewöhnliches und nett zu lesendes Buch, dass sicher seine Fangemeinde finden wird. Zumal alle, die glaubten, das Krimi-Genre böte nichts Neues mehr, hier eines besseren belehrt werden.
Leonie Swann
Glennkill
Goldmann, 2005
ISBN 3-442-30129-7
EUR 17,90