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Liberias Kampf gegen leere Klassen

Julius Kanubah, Philipp Sandner1. Februar 2015

Sechs Monate waren Liberias Schulen wegen der Ebola-Epidemie geschlossen. Nun gibt es weniger neue Fälle, und die Schüler sollen schnell zurück in den Unterricht. Doch die Vorbereitungen stocken.

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Leere Klassenräume in Monrovia (Foto: DW/J.Kanubah).
Bild: DW/J. Kanubah

Ausgelassen drängen sich die Schüler auf das Schulgelände. Nach sechs Monaten Unterbrechung können sie es kaum erwarten, ihren Unterricht im Februar fortzusetzen. Doch zunächst stehen Einstufungstests an. "Ich bin sehr, sehr glücklich, wieder in der Schule zu sein", sagt Armah Smith. "Die Ebola-Epidemie hat uns weit zurückgeworfen. Die ganze Zeit mussten wir zu Hause herumsitzen." Ein halbes Jahr war die Wells Hairston High School in Liberias Hauptstadt Monrovia geschlossen - so wie alle anderen Schulen im Land. Die Regierung wollte mit dieser Maßnahme verhindern, dass sich das Ebola-Virus dort unkontrolliert verbreitet.

Jetzt ist die Zahl der Neuinfektionen drastisch gefallen. Nachdem sich Anfang November vergangenen Jahres noch wöchentlich mehr als hundert Liberianer mit Ebola infizierten, lagen die bestätigten neuen Fälle pro Woche im Januar regelmäßig im einstelligen Bereich. Er habe keine Angst, sagt Armah in Monrovia, und seine Mitschüler pflichten ihm bei. Wissbegierig gibt sich auch seine Mitschülerin Linda Freeman: "Ich bin froh, dass ich von der Krankheit verschont geblieben ist. Nun möchte ich meine Schulbildung abschließen."

Jugendliche spielen Fußball in Monrovia (Foto: DW/J.Kanubah).
Vom Bolzplatz in die Klassenräume: In Liberia soll der Unterricht wieder beginnenBild: DW/J. Kanubah

Neben Liberia hatte die Epidemie Sierra Leone und Guinea besonders hart getroffen. Guinea hat bereits Mitte Januar seine Schulen wieder geöffnet, Sierra Leone will im März nachziehen. Doch in Liberia gestaltet sich der Neustart als Hindernislauf. Was für die Schüler ein selbstverständliches Anliegen ist, stellt die Verantwortlichen von 5000 liberianischen Schulen vor einige Herausforderungen.

"Wir sind nicht 100 Prozent bereit - nicht einmal 75 Prozent", erklärt der Direktor der Wells-Hairston Schule, Moses Carter. "Wenn Sie wissen wollen, wie weit wir bis jetzt mit den Vorbereitungen sind, muss ich sagen: Wir sind zu etwa 30 bis 40 Prozent vorbereitet." Carters Schule ist damit keine Ausnahme. Es ist schlicht nicht genug Geld da, um sicherzustellen, dass die Masse der Schüler gut auf den Neustart vorbereitet ist. Zu viel Geld hat der Kampf gegen Ebola in den vergangenen Monaten verschlungen.

Das Bildungsministerium hatte eigentlich den 2. Februar für den Schulanfang bestimmt. Nun lenkt es ein: "Der tatsächliche Unterricht wird am 16. Februar beginnen", verkündete das Ministerium. Die Verschiebung soll Eltern und Schülern mehr Zeit geben.

Hygiene ist Pflicht

Zugleich weist die Regierung auf die Sicherheitsvorschriften hin: "Wir wollen sicherstellen, dass die Rückkehr an die Schulen kein Risiko für die Schüler birgt", sagt Albert Coleman, leitender Strategieberater im Bildungsministerium im DW-Interview. Es sei daher besonders wichtig, dass sie sich gut die Hände wüschen und generell mehr auf Sauberkeit bedacht seien.

Zu den neuen Vorschriften gehört das regelmäßige Fiebermessen beim Betreten der Schule. Zeigt eines der Kinder Anzeichen einer Krankheit, soll es sofort zur gründlichen Untersuchung in die Gesundheitsstation geschickt werden. Ob er diese Vorschriften umsetzen kann, weiß Moses Carter noch nicht: Seine Schule habe noch keine Fieberthermometer erhalten. Dafür sei für andere Vorsichtsmaßnahmen gesorgt. Der Weg in die Schule führt jetzt nur noch vorbei am Waschbecken.

Schulen in Liberia öffnen wieder Monrovia 2015 (Foto: DW/J.Kanubah).
Voraussetzung für den Schulstart: Die Schüler müssen die Hygienevorschriften müssen einhaltenBild: DW/J. Kanubah

Eltern in Geldnot

Noch ein Hindernis gibt es bei der Rückkehr auf die Schulbank: Geldsorgen plagen nicht nur die Schulen, sondern auch die Eltern und Angehörigen der Schüler. Seine Eltern hätten nicht viel Geld, sagt Armah Smith. Trotzdem haben sie ihn geschickt. Andere entscheiden hingegen, ihre Kinder zu Hause zu behalten. Davon kann Alexander Moore ein Lied singen. "Die Anmeldezahlen sind dieses Jahr sehr niedrig", bilanziert der Vizepräsident der Wells-Hairston High School. Viele Eltern würden unter finanzielle Ausfällen leiden, die die Ebola-Epidemie verursacht hätte. "Wir hoffen und beten, dass die Regierung da Abhilfe schaffen wird."

Einige Schritte hat Liberia zumindest unternommen, um seinen Schülern das Lernen zu erleichtern: Die Schüler bräuchten zunächst kein Schulgeld zu zahlen, entschied die Regierung. Im laufenden Schulhalbjahr müssten sie zudem nicht in Schuluniformen erscheinen.

Schulen in Liberia öffnen wieder Monrovia 2015 (Foto: DW/J.Kanubah).
Vor dem Neustart steht für alle Schüler der EinstufungstestBild: DW/J. Kanubah

Die Wiedereröffnung der Schulen ist eine wichtige Maßnahme in dem Land, das noch stark unter Schock steht. Sie wäre ein Zeichen für die allmähliche Rückkehr zur Normalität. Die Menschen hoffen, dass hunderttausende junge Liberianer bald den Weg zurück in ihre Klassen finden. Doch noch etwas wird anders sein bei diesem neuen Schulstart: Mehr als 3000 Kinder hat Ebola zu Waisen gemacht.