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Libyen-Offensive unter NATO-Führung

28. März 2011

Die Luftangriffe des Westens auf strategische Ziele von Machthaber Gaddafi werden demnächst unter NATO-Kommando fortgeführt. Inzwischen rücken die Rebellen auf Sirte vor, die Geburtsstadt des Diktators.

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Ein Kampfjet wird über dem Mittelmeer aus der Luft betankt (Foto: dapd)
Ein Kampfjet wird über dem Mittelmeer aus der Luft betanktBild: dapd

Auch am neunten Tag nach Beginn der internationalen Kampfeinsätze aus der Luft gibt es oft nur ungenaue Angaben über die Erfolge der Rebellen. So berichten Nachrichtenagenturen am Montag (28.03.2011) unterschiedlich über die Situation in Sirte, der Geburtsstadt von Machthaber Muammar al-Gaddafi.

Einige Rebellen feierten schon die Einnahme von Sirte. Entsprechende Berichte konnten jedoch nicht bestätigt werden. Augenzeugen in Sirte sagten, am Morgen seien Kampfflugzeuge und Einschläge zu hören gewesen. Auf den Straßen werde jedoch nicht gekämpft, und auch Rebellen seien nicht zu sehen gewesen.

Sirte liegt auf halbem Weg zwischen dem von Rebellen kontrollierten Osten und dem von Gaddafi gehaltenen Gebiet im Westen entlang der Mittelmeerküste. Es wurde erwartet, dass die Einnahme der Stadt, die als Hochburg von Gaddafis Anhängern gilt, für die Rebellen schwierig werden würde.

Schutz der Zivilbevölkerung

Drei Rebellen jubeln (Foto: AP)
Dank der Unterstützung aus der Luft wird am Boden gekämpft und jubeltBild: AP

Unumstritten ist, dass die internationale Koalition weitere Angriffe geflogen hat. Diese wurden noch von den USA, Frankreich und Großbritannien angeführt. Erst in den nächsten Stunden wird die NATO die Gesamtführung der militärischen Offensive übernehmen können. Der kanadische General Charles Bouchard wird die Einsätze leiten. Nach NATO-Angaben kann es bis zu 72 Stunden dauern, bis der Führungswechsel umgesetzt worden ist.

Ziel sei es, Zivilisten vor den Streitkräften des libyschen Machthabers zu schützen. Bisher hatte die NATO nur die Durchsetzung der Flugverbotszone verantwortet. Jetzt leitet sie auch die Luftangriffe auf Gaddafis Bodentruppen. Die komplette Übernahme des Kommandos durch die NATO war bisher an Unstimmigkeiten über die politische Kontrolle der Mission zwischen Frankreich und der Türkei gescheitert.

Die Eroberung von Sirte wäre ein weiterer Erfolg der Aufständischen. Am Wochenende gab es Berichte, dass die wichtigen Ölstädte Adschdabija, Brega und Ras Lanuf von den Rebellen wieder besetzt werden konnten. Auch hier sollen zuvor Kampfjets der Allierten die Regierungstruppen ausgeschaltet haben.

Türkei will vermitteln

Flugabwehrstellung mit libyscher Rebellenfahne (Foto: dapd)
Auch Stellungen in Ras Lanuf wurden zurückerobertBild: dapd

Um weiteres Blutvergießen zu vermeiden, hat sich nun das NATO-Mitglied Türkei als Vermittler ins Spiel gebracht. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan sagte der Britischen Zeitung "The Guardian", Ankara sei bereit, sich für eine baldige Waffenruhe in Libyen einzusetzen.

Erdogan warnte vor einem langwierigen Konflikt. Ein "zweiter Irak" oder ein "weiteres Afghanistan" müssten verhindert werden. Daher müssten die Gespräche mit der Regierung von Machthaber Gaddafi und mit dem Nationalen Übergangsrat der Aufständischen weiter geführt werden.

Rechtfertigung der USA

Unterdessen hat die US-Regierung die Militärintervention vehement verteidigt. Gemeinsam mit US-Außenministerin Hillary Clinton trat Verteidigungsminister Robert Gates am Sonntag in verschiedenen US-Talkshows auf, um den Einsatz vor der kriegsmüden US-Bevölkerung zu rechtfertigen. Zwar sei der Einsatz nicht im zentralen nationalen Interesse der USA, dennoch seien die USA an einer Lösung des Konflikts interessiert, sagte Gates dem Sender ABC.

Gates begründete den Einsatz unter anderem damit, dass es eine Massenflucht von Flüchtlingen nach Tunesien und Ägypten hätte geben können, was beide Länder destabilisiert und die Entwicklungen nach den Revolutionen dort gefährdet hätte. Clinton erklärte, die Kritiker des Einsatzes müssten sich fragen, wie die Dinge jetzt lägen, wenn die USA nicht eingeschritten wären.

Obama-Statement am Abend

Am Montagabend will US-Präsident Obama sich öffentlich zu dem Einsatz äußern. Die USA haben bislang die meisten Einsätze in Libyen geflogen. Nach Pentagon-Angaben wurden allein zwischen Samstagabend und Sonntagnachmittag von 167 Lufteinsätzen 97 von der US-Luftwaffe ausgeführt. Die USA, Frankreich und Großbritannien fliegen seit mehr als einer Woche Luftangriffe gegen Libyen. Vor allem Washington hatte sich für eine schnelle Kommandoübernahme durch die NATO ausgesprochen.

Autorin: Marion Linnenbrink (afp, dapd, dpa, rtr)
Redaktion: Thomas Grimmer