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Libyens konkurrierende Mächte verhandeln

29. Juni 2015

Rivalisierende Milizen - Parlamente, die einander bekämpfen: Libyen ist ein Staat im Zerfall. Erstmals reden die verfeindeten Lager nun miteinander. Doch es knirscht im Gebälk.

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Verhandlungen beider libyscher Parlamente im marokkanischen Skhirat (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/Jalal Morchidi / Anadolu Agency

Es kann nur eine geben: So sieht es die politische Systemlehre mit Blick auf die Regierung eines Landes. Doch in Libyen ist alles anders. Vier Jahre nach dem Sturz des früheren Machthabers Muammar al-Gaddafi ringen zwei konkurrierende Regierungen um die Macht: eine international anerkannte, die nach Tobruk fliehen musste, und eine Islamistenregierung mit Sitz in Tripolis.

Entsprechend gibt es auch zwei Parlamente: das reguläre, gewählte "House of Representatives" in Tobruk und die "National General Assembly" in der Hauptstadt Tripolis. Jetzt haben Vertreter der beiden rivalisierenden Abgeordnetenhäuser erstmals direkte Friedensverhandlungen miteinander geführt.

"Regierung der nationalen Einheit"

Die Parlamentarier kamen unter UN-Vermittlung im marokkanischen Skhirat zusammen. Eine Einigung über eine Regierung der nationalen Einheit sei allerdings nicht erzielt worden, erklärte ein Teilnehmer der islamistischen Delegation. Drei wesentliche Punkte der geplanten Vereinbarung seien verändert worden, ohne seine Seite zu konsultieren. Von der Verhandlungsgruppe des international anerkannten Parlaments in Tobruk gab es keine Stellungnahme.

UN-Vermittler Bernardino León zeigte sich dennoch zuversichtlich: Eine Übereinkunft zwischen beiden Lagern sei "in Reichweite". Nur in zwei oder drei Punkten gebe es einen Dissens. Seit Donnerstag hatten die beiden Parlamentsdelegationen bereits getrennt mit dem UN-Sondergesandten verhandelt. Auch mit Vertretern der libyschen Zivilgesellschaft sprach León in dem marokkanischen Badeort in der Nähe der Hauptstadt Rabat.

Ins Chaos abgerutscht

Seit der Revolution 2011 ist Libyen in Chaos und Gewalt versunken. Den Konflikt nutzen Dschihadistengruppen wie der "Islamische Staat" (IS), um in dem Land stärker Fuß zu fassen. Doch auch aus einem anderen Grund sind die seit März laufenden Verhandlungen zwischen den rivalisierenden libyschen Machtzentren dringend: Der nordafrikanische Staat ist Startpunkt für die meisten Flüchtlinge, die von Schleppern übers Mittelmeer nach Europa geschleust werden - oft mit tödlichem Ausgang.

Mehrere Großmächte bemühen sich um eine Stabilisierung des Landes, zuletzt vor zwei Wochen bei Gesprächen in Berlin. Daran hatten - außer UN-Vermittler León - Vertreter Libyens, der fünf UN-Vetomächte sowie Deutschlands, Italiens und Spaniens teilgenommen.

Die Hoffnungen vieler ruhen auf dem jüngsten Entwurf für ein Friedensabkommen, den León Ende April vorgelegt hat. Es ist, nach monatelangen Verhandlungen ohne Erfolg, indes schon Plan Nummer vier.

jj/mak (dpa, afp, rtr)