1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Lieber wegschütten als verkaufen

Heidi Engels17. September 2009

Deutsche und belgische Milchbauern versprühen ihre Milch lieber auf dem Feld, statt sie zu verkaufen. Sie protestieren gegen die Milchpreise: Rund 24 Cent bekommt ein europäischer Bauer für einen Liter Milch.

https://p.dw.com/p/Jj3Q
Sie versprühen ihre Milch lieber auf dem Feld (Foto: AP)
Sie versprühen ihre Milch lieber auf dem FeldBild: AP

Zu wenig Geld für die Milch, das reiche hinten und vorne nicht, darüber sind sich die Landwirte einig. Ganze Tankladungen versprühen deutsche und belgische Bauern auf ihren Feldern, sie blockieren Straßen oder treten in den Lieferstreik. Selbst das EU-Parlament beschäftigt sich im Moment mit dem Problem, obwohl es bei der Landwirtschaft bislang gar nichts zu bestimmen hat. Auch im Parlament kochen die Emotionen hoch.

Einen Ausstieg aus dem Ausstieg bei der Milchquote fordert der französische Grünen-Abgeordnete Yannick Jadot. "Die Milchbauern brauchen nicht Ihr Mitgefühl“, sagt er wütend zu EU-Agrarkomissarin Mariann Fischer Boel. "Sie brauchen strenge Quoten. Deshalb fordern wir die Mitgliedsländer auf, Ihre Beschlüsse rückgängig zu machen und stattdessen eine Agrarpolitik zu verfolgen, die die Milchbauern nicht weiter ruiniert", so Jadot weiter.

Glaubensfrage im Parlament

Die Emotionen kochen auch im EU-Parlament hoch (Foto: dpa)
Die Emotionen kochen auch im EU-Parlament hochBild: picture-alliance/ dpa / dpaweb

Es ist eine Art "Glaubensfrage", auch im EU-Parlament. Soll man weiter am alten Modell, an der Obergrenze für Produktionen festhalten oder ist die freie Marktwirtschaft die Lösung? Die Planwirtschaft wünschen sich nicht alle Bauern zurück. Die FDP-Europaabgeordnete Britta Reimers betreibt einen Hof in Schleswig-Holstein: "Es werden immer wieder Stimmen laut, die Milchquote zu verändern, davor kann ich nur warnen".

Bis zum Jahr 2015 werden die Produktionsobergrenzen langsam aufgestockt. Dann fällt die Milchquote ganz. Viele Bauern, vor allem im Norden und Osten Deutschlands, haben sich schon darauf vorbereitet und weitere Kühe angeschafft. "Diese Investitionen sollen nicht umsonst gewesen sein", fordern sie.

Auch die norddeutsche SPD-Abgeordnete Ulrike Rodust spricht sich allenfalls für vorübergehende Maßnahmen aus, auch wenn weitere Zuschüsse und Kredite gegen die Krise vertretbar seien, "zum einen geht es gar nicht, die Diskussion um die Milchquote wieder aufzunehmen." Es ginge aber auch nicht, dass mit Steuergeldern Exporterstattungen für Lieferungen in die Dritte Welt wieder eingeführt werden würden.

Mehr Geld für Bauern

Nicht weniger Milch - mehr Geld für Bauern (Foto: AP)
Nicht weniger Milch - mehr Geld für Bauern (Foto: AP)Bild: AP

EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel hält am beschlossenen Ende der Milchquote fest. Gebetsmühlenartig wiederholt sie, dass die Quoten insgesamt in der EU gar nicht ausgeschöpft werden: "Die Produktion in Europa bleibt vier bis fünf Prozent unter den zulässigen Quoten. Wenn wir die Quoten um fünf Prozent absenken würden, schadete dies allen jungen Bauern, die bereits investiert haben", so Fischer Boel.

Sie schlägt stattdessen vor, dass die Mitgliedsländer finanziell all denen unter die Arme greifen, die ohnehin langsam aus der Milchproduktion aussteigen wollten. Das nehme auch vorübergehend Milch vom Markt. Grund dafür, dass die Bauern so wenig verdienen, seien vor allem die Discounter. "Gerade in Deutschland wird die Milch als Lockangebot regelrecht verramscht", kritisiert die EU-Agrarkommissarin. Fischer Boel hat bis Jahresende einen Bericht angekündigt. Der soll genau aufschlüsseln, wer in der Erzeugerkette am meisten verdient und warum das Geld nicht bei den Bauern ankommt.

Autor: Sylvie Ahrens
Redaktion: Heidi Engels