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Kampf gegen das Zölibat

26. Juli 2010

Trotz des Zölibats haben viele katholische Geistliche heimliche Geliebte. In Italien organisieren diese sich jetzt und fordern die Ehe für Priester. Andere Aktivistinnen werben dafür, dass Frauen Priester werden dürfen.

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Papst Benedikt XVI. besucht den Wallfahrtsort Mariazell im September 2007. Der Papst betonte dort die standhafte Position des Vatikans zum Zölibat und den Stellenwert der Keuschheit in der christlichen Gechichte (Foto: dpa)
Der Papst hält am Zölibat festBild: picture-alliance/ dpa

Immer mehr geheime Geliebte von Priestern sprechen seit Kurzem offen über ihre Beziehungen. In Rom treffen sich einige der Frauen jetzt regelmäßig, um Erfahrungen auszutauschen. "Für uns ist es immer noch sehr, sehr schwer darüber offen zu sprechen," sagt die 42-jahre alte Stefania Salomone. Sie sitzt - nach Dienstschluß - in ihrem Büro im Zentrum Roms und spricht über die Scham, die weibliche Geliebte von Priestern oft empfinden: "Die Menschen glauben dann, dass Du eine schlechte Frau bist."

Salomone hatte fünf Jahre lang eine romantische Beziehung zu einem Priester. Dann, vor einigen Monaten, als sie Papst Benedikt XVI hörte, der das Zölibat wie schon oft zuvor als heilig beschrieb, reichte es ihr. "Und ich sagte mir: 'O.K. das ist genug!' Wir haben auch was zu sagen. Wir existieren." Sie und acht andere Frauen schrieben einen offenen Brief an den Papst. Darin forderten Sie die Abschaffung des Zölibats. Sie schrieben, dass ein Priester "mit seinen Nächsten zusammenleben" müsse und "Gefühle, lieben und geliebt zu werden" erleben können müsse.

Warten auf eine Antwort

Die katholische Kirche beantwortete den Brief mit Schweigen, aber andere Frauen nicht. Mehr Geliebte von Priestern meldeten sich bei Salomone – insgesamt um die 40 – und sie gründeten eine Selbsthilfegruppe, die sich jetzt alle paar Wochen trifft. Dabei ähnelten sich die Geschichten der Geliebten immer wieder. Die Priester hätten Angst und schämten sich.

Papst Benedikt XVI. trifft sich am 16.11.2006 mit Beratern um die Position zum Zölibat ze besprechen. Die Kirche hält an der Praxis fest (Foto: dpa)
Keine offenen Gespräche über Sexualität in der KircheBild: picture alliance/dpa

"Vielleicht himmelt er sie an, aber dann sagt er sich... 'Was, oh was kann ich tun?! Ich werde Dich für sechs Monate nicht sehen, weil ich mich reinigen muß. Ich muß rein sein, weil ich Messe halten muß.'" beschreibt Salomone eine typische Situation. Dies verletze die Frauen aber sehr, weil die Priester sie dadurch zu etwas schmutzigem in ihrem Leben erklärten.

"Dabei sollten sie ein Schatz in seinem Leben sein," so Salomone. Sie glaubt, dass Männer, die sich dem Priesterdasein hingezogen fühlen, meist von Anfang an sexuell unreif sind. Ansonsten könnten sie ihre Rolle selbst nicht akzeptieren. "Und die Art, wie sie in den Seminaren erzogen werden, führt genau da hin - so zu sein," sagt sie.

Diskussionen nur im Rahmen des Erlaubten

Robert Mickens ist ein langjähriger Vatikan-Experte, der für die katholische Zeitung "The Tablet" schreibt. Er stimmt zu, dass es in den Priesterseminaren viel sexuelle Unreife gibt, und dass die katholische Kirche das Thema nicht angeht. Er führt aus, dass die Kirche gerade das "Jahr des Priesters" feiert.

Der katholische Erzbischof Emmanuel Milingo aus Sambia und seine Braut, die südkoreanische Ärztin Maria Sung, posieren nach ihrer Hochzeit am 27.05.2001 in New York für die Fotografen (Foto: dpa)
Ein Rebell - der sambische Bischof Milingo kratzt am Zölibat?Bild: picture alliance/dpa

In dieser Zeit, insbesondere angesichts der sexuellen Mißbrauchsfälle, sollten katholische Oberhirten die Frage aufwerfen, wie die Kirche sich den Fragen von Sex und Macht stellen kann, von denen sie jüngst geplagt worden war.

Aber stattdessen habe sich das Schweigen durchgesetzt, so Mickens: "Wir können nicht mal darüber sprechen, ob wir verheiratete Priester haben können. Wir können nicht über Homosexuallität in der Kirche sprechen. Wir können nicht über Sexualität in der Kirche offen sprechen, es sei denn wir bleiben dabei im Rahmen dessen, was die Kirche vorgibt. Und genau das haben die Konferenzen in diesem Jahr des Priesters auch getan. Sie unterstützen die gegenwärtige Praxis und Lehre der Kirche, ohne irgendwelche Fragen zu stellen."

Zölibat schafft Nachwuchssorgen

Und die Hauptpraxis ist das Zölibat. Diese Tradition geht gut Tausend Jahre zurück. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich daran etwas ändert ist gering, obwohl der Vatikan-Journalist Francis X. Rocca erwartet, dass sich Ausnahmen häufen werden.

So könne es in Gegenden, wo es wenige Priester gibt, mehr und mehr dazu kommen, dass Bischöfe darum bitten, Verheiratete in den Priesterstand zu erheben. Dies könnten "Männer gehobenen Alters sein, die als tragende Säulen ihrer lokalen Gemeinschaft tätig sind und in der Lage das Sakrament zu erteilen."

Aber die priesterliche Geliebte Stefania Salomone sagt, dies sei nur eine halbherzige Maßnahme und wird nicht zu den Veränderungen führen, die nötig seien, um die Kirche von ihrem "heuchlerichen" Kurs abzubringen. Ihr Ziel ist es eine Bewegung zu schaffen, "die zu einer umfassenderen Erneuerung führt, nicht nur zu einer Abschaffung des Zölibats oder einer Priesterweihe für Frauen... etwas globaleres... denn diese Kriche vertritt nicht mehr die Nachricht, die sie sollte," so die Aktivistin.

Autoren: Megan Williams/ Fabian Schmidt
Redaktion: Bernd Riegert