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Linker Frontalangriff

25. Mai 2009

Die kleinen Parteien Frankreichs hoffen bei den Europawahlen groß herauszukommen. So auch Linke und Kommunisten, die sich zu einer gemeinsamen Liste zusammengeschlossen haben - dem "Front de Gauche" - der Linksfront.

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Die Homepage der Linksfront (Foto: Screenshot)
Die Partei "Front de Gauche" will ein anderes Europa

Am Wochenende auf dem Rathausplatz im Pariser Vorort Drancy: Die Sonne scheint und die Springbrunnenanlage rauscht idyllisch. Und doch machen die Wahlkämpfer der "Linksfront", die hier zu zehnt angerückt sind und ihren Stand aufgebaut haben, lange Gesichter. Seit einer knappen Stunde warten sie vergeblich hinter ihrem Klapptisch mit Chips, Orangensaft, Rotwein und einem Stapel Flugblätter auf neugierige Passanten. Bis auf zwei Obdachlose, die sich einen Plastikbecher Wein geholt haben, hat bisher niemand auch nur das geringste Interesse gezeigt.

"Das liegt nicht an uns oder unserem politischen Programm", verteidigt sich ein junger Wahlkämpfer der Linksfront. "Wir sind hier in Drancy wirklich aktiv. Wir haben für die Veranstaltung Plakate geklebt und Flugblätter verteilt." Allerdings, gibt er zu, mit wenig Erfolg. Die Leute fragten immer wieder: Europawahlen und das europäische Parlament - wozu soll das gut sein? Die machen doch was sie wollen! "Das ist das schlechte Image, das Europa hierzulande hat. Wenn es in Frankreich Probleme gibt, wird den Leuten immer gesagt: 'Das liegt an Brüssel, Europa ist schuld.'"

"Linksfront für Europa"

Porträt von Marie-George Buffet (Foto: dpa)
Für die Linksfront: Marie-George BuffetBild: picture-alliance/ dpa

Der "Front de Gauche" als Fürsprecher des europäischen Parlaments, eines politisch starken Europas. Für so manchen französischen Wähler ist das eine überraschende politische Wende. Denn hinter der Formation stehen vor allem zwei Namen: Marie-George Buffet, Chefin der Kommunistischen Partei Frankreichs und Jean-Luc Mélenchon, ehemals prominentes Parteimitglied der französischen Sozialisten und heute Parteivorsitzender der von ihm im Januar gegründeten "Partei der Linken". Beide Politiker galten bisher als linke Europaskeptiker. Wortführer jener Linken, die 2005 das französische Nein zur Europäischen Verfassung als ihren politischen Sieg gefeiert hat.

Das sei ein Missverständnis, kontert Eliane Assasi, kommunistische Abgeordnete im französischen Senat, die zur Unterstützung ihrer Genossen auf den Rathausplatz gekommen ist. "Ich sage es noch mal laut und deutlich: Wir vom ‘Front de Gauche' sind für Europa. Allerdings nicht für das Europa, wie es heute existiert."

Grüße aus Deutschland

Blick auf das Europaparlament in Brüssel (Foto: Europäisches Parlament)
Die Linksfront will das heutige Europa des Kapitals verändernBild: Photo European Parliament/Architects : Architecture Studio

Die Linksfront ist gegen das Europa des Lissabon-Vertrags, der Steueroasen und der freien Konkurrenz. Sie kritisieren die Brüsseler Politik als zutiefst unsozial, und werfen den EU-Abgeordneten vor, mit ihrer wirtschaftsliberalen Globalisierung in Frankreich und Europa massenweise Arbeitsplätze zu zerstören. Zudem würden die europäischen Arbeiter in die Armut getrieben. Mit diesem Europa müsse aufgeräumt werden, fordert Jean-Luc Mélenchon auf einer Veranstaltung zum Auftakt der Europa-Wahlkampagne der Linksfront. "Diesem von innen verfaulten Europa des Kapitals muss ein Ende gesetzt werden "Zu Gunsten eines Europas der Arbeiter. Dafür lohnt es sich hart zu kämpfen", sagt er.

In Frankreich sind die Zeiten für antiliberale Parteien seit der Krise günstig wie schon lange nicht. Ihr Problem ist jedoch: Sie sind zu zahlreich. Und so leidet denn auch die Linksfront unter der rüden Konkurrenz im linken Spektrum. Besonders zu schaffen macht ihr die NPA, die 'Neue Antikapitalistischen Partei' des Briefträgers Olivier Besancenot. Dessen Partei liegt in den Prognosen zur Europawahl auf dem gleichen Niveau, nämlich bei rund sechs Prozent der Wählerstimmen. Versuche, den Briefträger und seine Anhänger zu einer gemeinsamen Liste zu überreden, sind jedoch gescheitert.

So bleibt der Linksfront nur noch eine Karte, auf die sie alles setzt: den Frontalangriff auf die Sozialistische Partei, um ihr bei den Europawahlen am 7. Juni möglichst viele Wähler abzujagen. Unterstützung dafür bekommt die französische Linksfront aus Deutschland: In einer Video-Grußadresse wünscht Oskar Lafontaine den Kameraden von der Linksfront - 'der wahren französischen Linken' - viel Erfolg.


Autorin: Margit Hillmann
Redaktion: Andreas Ziemons/Julia Kuckelkorn