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Litauen macht sich flott für Brüssel

Susanne Henn 1. Dezember 2003

Der EU-Verwaltungsapparat in Brüssel ist riesig. Und wenn die neuen Mitglieder 2004 der EU beitreten, wird er noch größer. Vor kurzem erst bezog Litauen seine Brüsseler Vertretung. Die Deutsche Welle hörte sich dort um.

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Litauens Präsident Rolandas Paksas spricht vor dem EU-ParlamentBild: AP

Direkt an der viel befahrenen Rue Belliard im Brüsseler Europa-Viertel liegt das neue Gebäude der Ständigen Vertretung Litauens. Erst im September haben die Mitarbeiter ihr neues Brüsseler Domizil bezogen. Das Gebäude selbst stammt zum Teil noch aus dem 18. Jahrhundert und gehört zum belgischen Kulturerbe.

EU Brüssel Justus-Lipsius-Gebäude
Das Justus Lipsius Gebäude, im Vordergrund links, dominiert die Nachbargebaeude der EU in der Bruesseler Innenstadt auf einem Archivbild vom 29. Mai 2002. Der Bau mit einer braunen Kunststeinverkleidung beherbergt die Bueros der 15 EU-Ratsmitglieder. Bis zum Jahresende 2002 will die Europaeische Union das historische Ziel der Vereinigung des Kontinents unter Dach und Fach haben. Bis dahin sollen die Beitrittsverhandlungen mit acht osteuropaeischen Staaten sowie Malta und Zypern abgeschlossen sein. (AP PHOTO/Francois Lenoir) ** zu unserem Korr **Bild: AP

"Wir haben uns wirklich in diese Immobilie verliebt, als wir sie zum ersten Mal gesehen haben. Wir haben uns gedacht, dass wir etwas sehr, sehr Schönes daraus machen können", sagt Farida Gulbiniene, eine Mitarbeiterin der Vertretung.

Verwaltung wächst, wächst, wächst

Frau Gulbiniene kümmert sich bei der litauischen Vertretung um die Finanzen. Sie hat mehr als ein Jahr lang die Renovierungsarbeiten begleitet, bei denen zwei neue Stockwerke gebaut wurden. In den Büros ist jetzt genug Platz für die vielen neuen Mitarbeiter der Ständigen Vertretung.

"1997, als ich bei der Ständigen Vertretung angefangen habe", sagt Frau Gulbiniene, "waren wir sieben Leute, jetzt sind es 44! Es war zu klein, die Vertretung, das alte Gebäude war zu klein." Eine Ständige Vertretung Litauens bei der EU gibt es bereits seit mehr als zehn Jahren in Brüssel. Nach der Unabhängigkeitserklärung von im März 1991 - dem Bruch mit der Sowjetunion - orientierte sich Litauen politisch sofort in Richtung Europa.

Viel Arbeit

Für viele litauische Diplomaten ist Brüssel übrigens nicht die erste Auslandsstation. Der Ministerialrat Kastutis Sadauskas zum Beispiel arbeitete früher für Litauen bei den Vereinten Nationen in New York. Doch mit dem spannenden Job im Ausland kommen auch Nachteile im Vergleich zum Leben in Litauen, sagt er und fügt hinzu: "Der fundamentale Unterschied für Leute wie mich ist, dass wir exzessiv viel arbeiten, wir haben ein riesiges Arbeitspensum und vielleicht ist das der negative Aspekt, der uns davon abhält, Brüssel als Stadt und Belgien als Land richtig kennen zu lernen."

Lineta Maskaliunoute, die Assistentin des stellvertretenden Ständigen Vertreters, kann dem nur zustimmen. "Ja, wir arbeiten wirklich viel, wir haben kaum Freizeit, also man hat kaum persönliches Leben."

Langsame Bürokraten

Die Angestellten wirken hoch motiviert und fleißig. Und so zügig in der Ständigen Vertretung gearbeitet wird, so langsam kommt den jungen Litauern manchmal das Leben in Brüssel vor, wie Frau Maskaliunoute sagt: "Die Bürokratie ist wirklich viel, viel schwerfälliger, alles verläuft viel, viel langsamer. Wenn man kommt, hat man vieles zu erledigen, denn ohne Papiere geht man nicht voran, ohne verschiedene Papiere."

Läden dicht

Auch Farida Gulbiniene, die Finanzbeauftragte, musste sich erst umgewöhnen. "Es ist ein völlig anderes Leben hier als in Litauen, selbst beim Einkaufen", sagt sie. "Bei uns ist alles offen bis zehn Uhr oder bis Mitternacht! Hier kommt man in ein Land, wo keiner es eilig hat, das heißt, man bewegt sich nicht allzu viel, die Läden machen um sechs, halb sieben zu, die Supermärkte schließen um acht. Also wenn man bis neun Uhr arbeitet ist's vorbei, man kann nichts mehr einkaufen, und das ist ein bisschen schwierig, aber man gewöhnt sich dran."

Doch trotz der fremden Umgebung und der langen Arbeitszeiten macht der Job in der europäischen Hauptstadt Spaß, sagen diese Litauer. Die EU-Erweiterung wird Realität, in wenigen Monaten wird aus dem Beobachterstatus Litauens eine volle Mitgliedschaft.