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Kurt Vonnegut

12. April 2007

Mit dem Tod des Kultautors Kurt Vonnegut verlieren die USA einen konsequenten Pazifisten, begnadeten Satiriker und scharfen Kritiker der Bush-Regierung. Sein Buch 'Schlachthof 5 ' befeuerte die Vietnam-Kriegsgegner.

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Kurt Vonnegut (Quelle: dpa)
Kurt Vonnegut (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa

Der US-Schriftsteller Kurt Vonnegut ist am Mittwoch (11.4.2007) im Alter von 84 Jahren in New York gestorben. Das teilte seine Frau, die Fotografin Jill Krementz, mit. Bei einem Sturz in seinem Haus in Manhattan vor einigen Wochen habe er sich Gehirnverletzungen zugezogen. Vonnegut galt als einer der größten zeitgenössischen Satiriker in den Vereinigten Staaten. In vielen seiner Werke schilderte er in sarkastischer Form den amerikanischen Normalbürger-Alltag und seine Wunschvorstellungen. In den vergangenen Jahren machte er in Essays und Interviews als scharfzüngiger Kritiker der US-Regierung unter Präsident George W. Bush von sich Reden.

"Das allerletzte, was ich jemals wollte, war am Leben zu sein, wenn die drei mächtigsten Menschen auf dem Planeten Bush, Dick und Colin heißen", begehrte der deutschstämmige US-Amerikaner in seinem letzten Buch, "Mann ohne Land", von 2006 auf. Mit seinem Bestseller "Schlachthof 5" hatte Vonnegut schon in den 1960er Jahren die Erinnerung an eines der düstersten Kapitel in der Geschichte Amerikas wachgerufen. "Schlachthof 5" wurde zur Bibel der Vietnamkriegsgegner.

Konsequenter Pazifist

Buchcover "Mann ohne Land"
'Mann ohne Land' war Vonneguts letztes Buch

Dabei geht es in "Schlachthof 5" gar nicht um Vietnam. Vonnegut, der Ende 1944 als Infantrist der US Army in den Ardennen in deutsche Gefangenschaft geriet, hat in dem Buch die Bombardierung der Dresdener Zivilbevölkerung durch die amerikanische und die britische Luftwaffe verarbeitet. Als Kriegsgefangener im Herkunftsland seiner Vorfahren war er bei der Bergung der Leichen aus zerbombten Häusern eingesetzt. Was er in dem 1969 erschienen Werk schilderte, wurde als Botschaft gegen jeden Krieg verstanden und auf den gerade in Vietnam tobenden angewandt.

Das allein erklärt nicht die Massenwirkung, die Vonnegut vor allem unter Studenten und halbwüchsigen Schülern erreichte. Was die Jugend neben seiner konsequent pazifistischen Haltung ansprach, war der außergewöhnliche, an die Pop Art erinnernde Stil. Er findet sich in allen seiner 14 Romane wieder, vom Erstling "Das höllische System" (1951) über "Hokus Pokus" (1990) bis zu seinem erklärtermaßen letzten Buch "Zeitbeben" (1997).

Einigartiger Erzählstil

Vonnegut hat immer wieder Zitate und halb ausgearbeitete Sätze, rein erzählerische Elemente, Dokumentenauszüge, Liedzeilen, harmlose wie geschmacklose Witze sowie viele Sex-Szenen gemischt - und dann mit seinem atemberaubenden Zynismus gewürzt. Akademische Kritiker lobten Vonneguts Experimente als bahnbrechend, dennoch erreichte er ein Massenpublikum, vor allem unter der Jugend. Wohl deshalb erschienen seine Werke - in Umkehrung gängiger Marktregeln - meist zunächst als Taschenbuch und erst danach als teure Leinenausgabe.

Dabei ist der Schriftsteller so vielen irgendwie auf die Füße getreten. Feministinnen zum Beispiel rümpften die Nase über Sätze wie diesen: "Keine schöne Frau kann die Erwartungen, die wegen ihres Aussehens in sie gesetzt wurden, über einen annehmbaren Zeitraum hinweg rechtfertigen." So richtig gehasst wurde er von Vertretern der Nixon-Regierung, gegen deren Napalm-Krieg der Autor die akademische Jugend mit flammenden Reden aufstachelte.

Vonnegut wurde am 11. November 1922 als Sohn eines erfolgreichen deutschstämmigen Architekten und einer vermögenden Bierbrauers-Tochter in Indianapolis geboren. Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete er zunächst als Polizeireporter dann als PR-Fachmann und seit 1950 als freier Schriftsteller. In den Vereinigten Staaten sind viele seiner Romane Bestseller geworden. (rri)