1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Livni attackiert Olmert

29. Mai 2008

Israels Regierungschef Olmert gerät immer stärker unter Druck: Außenministerin Livni fordert die Regierungspartei auf, ihn als Vorsitzenden abzuwählen. Damit bringt sie sich auch als neue Regierungschefin in Position.

https://p.dw.com/p/E94E
Israels Außenministerin Tzipi Livni - AP
Mächtig, resolut, angriffslustig: Israels Außenministerin Tzipi LivniBild: AP

Sie gilt als einflussreichste Frau Israels - nun holt sie zum Schlag gegen den Regierungschef aus: Am Donnerstag (29.5.2008) forderte Außenministerin Zipi Livni die regierende Kadima-Partei auf, einen Nachfolger für den unter Korruptionsverdacht stehenden Parteivorsitzenden zu wählen. Damit äußerte sich zum ersten Mal ein ranghohes Mitglied von Olmerts Partei öffentlich zu den Vorwürfen.

Verteidigungsminister Ehud Barak - AP
Fordert Olmert zum Rücktritt auf: Verteidigungsminister Ehud BarakBild: AP

Um Vertrauen zurück zu gewinnen, solle die Parteibasis in die Wahl über die künftige Führung eingebunden werden, schlug die 49-Jährige vor. Damit macht sich die gewiefte Juristin selbst zur aussichtsreichsten Kandidatin für den Parteiposten. Denn Umfragen zufolge ist Livni die beliebteste Politikerin Israels, und bei einer Urwahl hätte sie gute Chancen auf den Parteivorsitz. Sollte Olmert als Ministerpräsident zurücktreten, würde Livni zunächst geschäftsführend das Amt des Regierungschefs übernehmen.

Illegale Spenden

"Wir können die Ereignisse der vergangenen Tage nicht ignorieren", sagte Livni mit Blick auf die Ermittlungen gegen Olmert. Er ist wegen des Vorwurfs, illegale Spenden von einem amerikanischen Geschäftsmann angenommen zu haben, weiter unter Druck geraten. Verteidigungsminister Ehud Barak forderte ihn am Mittwoch zum Rücktritt auf.

Olmert hat die gegen ihn erhobenen Vorwürfe stets zurückgewiesen. Er will sein Amt aber aufgeben, falls er er formell angeklagt werden sollte. Sein Büro hat für die kommenden Wochen zahlreiche Termine geplant, darunter ein Treffen mit US-Präsident George W. Bush in Washington.

Premierminister Ehud Omert - AP
Bestreitet alle Vorwürfe: Premierminister Ehud OmertBild: AP

Vor einem Jahr hatte Livni schon einmal den Rücktritt Olmerts gefordert, als er wegen der schlechten Führung des Libanon-Krieges in der Kritik stand. "Kadima muss eine neue Führung wählen und wenn die Zeit kommt, werde ich Kandidatin sein", sagte sie damals selbstbewusst. Von der Spitze der Kadima hin zum Amt des Ministerpräsidenten ist es nicht weit. Diese Mal vermied sie es, Olmerts Rücktritt als Partei- und Regierungschef explizit zu fordern.

Eine talentierte Karrierefrau

Zipi Livni hat von Kindheitstagen an mit Politik zu tun: Ihr aus Polen stammender Vater Eitan Livni war führender Vertreter der nationalistischen zionistischen Irgun-Miliz. Ihre politische Karriere begann sie nach mehreren Jahren in der Rechtsabteilung des israelischen Geheimdienstes Mossad in der von Ariel Scharon mitbegründeten Likud-Partei. 1999 wurde sie als Likud-Abgeordnete ins Parlament gewählt, danach begann ihr Aufstieg: 2001 wurde Livni Ministerin für regionale Kooperation. Anfang 2003 wechselte sie an die Spitze des Ressorts für Integration, bevor sie Ende 2004 Justizministerin wurde.

Nach der Krise der israelischen Rechten wechselte Livni mit Scharon und Olmert die Fahnen und schloss sich der Neugründung Kadima an. Nach nur sieben Jahren im Parlament wurde sie im Januar 2006 Außenministerin und damit mächtigste Frau in Israel. Ihre harte Haltung bezüglich einer Isolierung der radikalen Hamas-Regierung im Gazastreifen brachte Livni bei ihren Landsleuten Pluspunkte ein, ihre aufwändige Reisediplomatie und ihr Pragmatismus trugen ihr auch internationales Ansehen ein.

"Sicherheit geht vor"

Livni und US-Außenministerin Rice
Livni und US-Außenministerin Rice - die Israelin hat sich internationales Ansehen erworbenBild: AP

Seit der Nahost-Friedenskonferenz in Annapolis im vergangenen November führt Livni die israelische Verhandlungsdelegation an. Bei den Gesprächen folgt sie konsequent dem Prinzip: "Erst kommt die Sicherheit für Israel und dann die Gründung eines Palästinenserstaates." Von ihrer ursprünglichen Forderung nach einem Groß-Israel ist die resolute Politikerin aber inzwischen abgerückt und hat eingesehen, dass für einen Friedensschluss einige der besetzten Gebiete abgetreten werden müssen.

Viele ihrer Landsleute sind bereits seit langem überzeugt, dass die Mutter zweier Kinder weiter ihrem berühmten Vorbild Golda Meir nacheifern und eines Tages für das Amt der Premierministerin kandidieren wird. Sie wäre damit die zweite Frau an der Spitze Israels. (tos)