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Lob und Tadel aus Brüssel für jünste EU-Mitglieder

22. Juli 2010

Sofia und Bukarest stehen im Kampf gegen Korruption unter Beobachtung der EU. Bulgarien bemühe sich um Fortschritte, Rumäniens Resultate im diesjährigen Bericht enttäuschen dagegen, sagt EU-Kommissionssprecher Mark Gray.

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Porträtbild vom Pressesprecher der EU-Kommission Mark Gray (Foto: M. Gray)
Befürworter des Monitoring der jüngsten EU-MitgliederBild: M. Gray

DW-WORLD.DE: Was ist neu an dem Bericht zum Stand der Justizreform und der Korruption in Bulgarien und Rumänien?

Mark Gray: Die Berichte unterscheiden sich stark. In Bulgarien haben wir im letzten Jahr viel guten Willen feststellen können, Fortschritte zu erzielen. Wir begrüßen das sehr und wir sehen, dass es einen Entscheidungswillen gibt, der vorher so nicht sichtbar war. Erstmals haben wir in Bulgarien konkrete Anklagen und auch Verurteilungen, wenn auch vielleicht nicht genug Verurteilungen. Zweitens gibt es eine sehr klare Strategie für das Justizsystem. Auch das gab es vorher so nicht. Das bedeutet natürlich nicht, dass alles perfekt ist. Es gibt noch viel zu tun, was wir in unseren Empfehlungen auch unterstreichen: Die Frage der Interessenkonflikte, wenn sich öffentliche Funktionen und private Geschäfte überschneiden und auch im Bereich der öffentlichen Beschaffung. Es gibt noch viel zu tun, aber Bulgarien ist auf dem richtigen Weg.

Wenn es um Rumänien geht, sehen wir ein niedrigeres Niveau politischer Entschlossenheit. Wir haben festgestellt, dass die Justiz in vielen Bereichen nicht bereit ist, zu kooperieren und Verantwortung zu übernehmen. Während wir natürlich unterstrichen haben, dass es Bereiche gibt, in denen Fortschritte sichtbar sind, gibt es ein Hauptthema, das uns bewegt: Es geht um eine Verpflichtung, die Rumänien im Rahmen der EU-Assoziation übernommen hat, nämlich die Nationale Integritätsagentur. Diese Behörde soll Fällen nachgehen, in denen Bürger Wohlstand und Eigentum angehäuft haben, den sie nicht begründen oder erklären können. Aufgrund jüngster Änderungen im Gesetz wurde die Macht dieser Behörde in Frage gestellt. Das ist eine ernsthafte Sache und wir sind wirklich besorgt über die Situation in Rumänien.

Rumänien hat also die Verpflichtungen, die aus der EU-Aufnahme entstanden sind, nicht erfüllt. Und es fehlt der politische Wille in Rumänien, die Reformen umzusetzen. Auf der anderen Seite sieht die EU keine Sanktionen vor. Was bringen diese jährlichen Berichte dann, wenn nichts passiert?

Das Berlaymont-Gebäude, Sitz der EU-Kommission in Brüssel (Foto: DW)
EU-Kommission setzt auf ZuckerbrotBild: DW

Das ist der vierte Bericht. Wenn ich zurückblicke, haben wir so etwas, wie einen Jojo-Effekt. Manchmal gibt es Fortschritte, dann geht es wieder zurück, dann geht es wieder aufwärts und wieder abwärts. Wenn ich auf die vergangenen dreieinhalb Jahre zurückblicke, haben beide Länder entscheidende Reformen umgesetzt. Beispiel Rumänien: Sei es die Einführung der Anti-Korruptionsbehörde, die Nationale Integritätsagentur oder die Verabschiedung entscheidender Gesetze im Parlament. Wir sehen diese Fortschritte, die ohne Druck seitens der EU-Kommission nicht stattgefunden hätten. Dasselbe gilt für Bulgarien. 2008 hatten wir einen sehr harschen Bericht veröffentlicht. Es wurden sogar EU-Fonds für Bulgarien gesperrt. Jetzt sind wir wieder auf dem richtigen Pfad. Viele unserer Empfehlungen wurden umgesetzt. Das ist wie Zuckerbrot und Peitsche. Sanktionen sind die einfache Option, also die Peitsche. Wenn wir ganz klare Empfehlungen, also das Zuckerbrot, an die Länder abgeben, dann sehen wir auch, dass diese erfüllt werden, nur langsamer.

Wann glauben Sie, wird das Monitoring beider Länder zu einem Ende kommen?

Wir möchten es gerne bald beenden. Wir erwarten ungeduldig die Fortschritte. Ich glaube, es ist interessant, dass die Bürger in beiden Ländern Reformen umgesetzt sehen wollen. Solange das der Fall ist, wird der Mechanismus weitergehen. Es gibt keine zeitliche Begrenzung des Mechanismus, und wir werden ihn nicht beenden bis beide Länder das liefern, was sie versprochen haben.

Interview: Robert Schwartz

Redaktion: Fabian Schmidt/ Mirjana Dikic