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Lob und Kritik für den Papst in Israel

12. Mai 2009

Bei seinem Besuch in Israel hat Benedikt XVI. der von den Nationalsozialisten ermordeten Juden gedacht. Doch so mancher vermisste eine klare Entschuldigung des deutschen Papstes.

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Papst Benedikt XVI. mit dem Vorsitzenden des Yad-Vaschem-Rates, Israel Meir Lau, und dem Knesset-Sprecher Reuven Rivlin (Foto: AP)
Papst Benedikt XVI. mit dem Vorsitzenden des Yad-Vaschem-Rates, Israel Meir Lau, und Knesset-Sprecher Reuven Rivlin (l.)Bild: AP

Kritik entzündete sich besonders an der Rede, die der Papst am Montag (11.05.2009) in der Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem in Jerusalem hielt. Dort wandte sich Benedikt zwar mit klaren Worten gegen das Leugnen, Verharmlosen oder Vergessen des Holocausts und brachte das tiefe Mitleid der katholischen Kirche mit den Opfern zu Ausdruck. Anders als von vielen Juden erhofft, ging der deutsche Papst aber nicht auf die Rolle der Kirche während der Judenvernichtung zur NS-Zeit ein.

Der Vorsitzende des Jad-Vaschem-Rates und Holocaust-Überlebende, Israel Meir Lau, kritisierte daher die Rede Benedikts. Gefehlt hätten Mitgefühl, jegliches Bedauern und jeglicher Schmerz angesichts der fürchterlichen Tragödie der sechs Millionen Opfer, sagte der Oberrabbiner von Tel Aviv dem Online-Dienst ynet.com. In einem Gespräch mit der Tageszeitung "Haaretz" kritisierte Lau zudem, dass die für das "Gemetzel" verantwortlichen Deutschen und Nazis nicht beim Namen genannt worden seien.

Der Besuch des Papstes in Jad Vaschem zählte von vornherein zu den heiklen Punkten seiner Reise ins Heilige Land. Im historischen Museum der Gedenkstätte, das Benedikt nicht besuchte, wird sein Vorgänger Pius XII. (Papst von 1939 bis 1958) als Oberhirte dargestellt, der nicht genügend gegen die Judenverfolgung getan hat.

Der Papst in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vaschem (Foto: AP)
Der Papst gedachte in der Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem der im Nationalsozialismus ermordeten JudenBild: AP

Klare Worte gegen Holocaust-Leugnung

Begleitet wurde Benedikt XVI. in Jad Vaschem von Staatspräsident Schimon Peres sowie Rabbi Meir Lau und Aner Schalev - beide leiten zusammen die Gedenkstätte. In der "Halle der Erinnerung" entzündete Benedikt eine Flamme zum Gedenken an die Ermordeten der Konzentrationslager und legte einen Kranz nieder.

Bereits bei seiner Ankunft am Morgen in Tel Aviv hatte Benedikt XVI. an den Holocaust erinnert und weitere Anstrengungen im Kampf gegen Antisemitismus gefordert. Er wolle bei seinem Besuch die sechs Millionen jüdischen Opfer der Schoa ehren und dafür beten, dass die Menschheit nie mehr Zeuge eines Verbrechens von solcher Monstrosität sein müsse, sagte er. Diese Rede stieß im Gegensatz zur Ansprache des Papstes in Jad Vaschem auf einhelliges Lob.

Papst Benedikt XVI. mit Israels Präsident Schimon Peres vor weiß gekleideten Frauen (Foto: AP)
Israels Präsident Schimon Peres begrüßte den Papst in JerusalemBild: AP

"Es ist ein Graben zwischen den Juden und dem Vatikan"

Enttäuscht über den ersten Besuchstag des Papstes in Israel zeigte sich indes auch der Zentralrat der Juden in Deutschland. Die Enttäuschung resultiere vor allem daraus, dass sich Benedikt weder klar von den Pius-Brüdern, insbesondere dem Holocaust-Leugner Richard Williamson, noch von der Aufforderung zur Missionierung der Juden in der Karfreitagsfürbitte habe erkennen lassen, sagte die Zentralratsvorsitzende Charlotte Knobloch in den ARD-"Tagesthemen".

"Es ist ein Graben zwischen den Juden und dem Vatikan", betonte Knobloch. Sie forderte den Papst zudem auf, die Archive des Vatikans zu öffnen, damit das Verhältnis von Papst Pius XII. in der Nazizeit zu den Juden geklärt werden könne. Nötig sei auch eine generelle Entschuldigung für die Verfolgung der Juden auch durch die katholische Kirche in früheren Jahrhunderten.

Papst besucht die Klagemauer

Das Programm des Papstes am Dienstag steht ganz im Zeichen der heiligen Stätten Jerusalems. So will er sich unter anderem islamische Heiligtümer wie den Felsendom und die Al-Aksa-Moschee auf dem Tempelberg in der Altstadt von Jerusalem ansehen. Anschließend besucht das Oberhaupt der katholischen Kirche die Klagemauer, den heiligsten Platz für Juden in aller Welt.

Am Nachmittag wird Benedikt in Gethsemane am Fuße des Ölbergs eine Messe für rund 5000 Gläubige zelebrieren. Dort wurde Jesus der Überlieferung zufolge vor seiner Kreuzigung gefangen genommen. Benedikt will im Laufe des Tages außerdem mit hochrangigen christlichen, jüdischen und muslimischen Würdenträgern zusammenkommen. (gri/qu/dpa/kna)

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