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Lob und Tadel für Premierminister Terzic

10. Februar 2005

Die Bedingungen für die euro-atlantische Integration von Bosnien-Herzegowina sind unverändert: Volle Kooperation mit dem ICTY und Auslieferung mutmaßlicher Kriegsverbrecher. Ergebnisse der Gespräche in Brüssel.

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Kriegsverbrecher als Hindernis auf dem Weg Richtung EuropaBild: AP

Der Premierminister von Bosnien und Herzegowina, Adnan Terzic, hielt sich Anfang der Woche zu einem dreitägigen Besuch in Brüssel auf. Dort führte er Gespräche mit hochrangigen Vertretern der EU und NATO, darunter NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer. Dieser setzte sich für die Integration von Bosnien und Herzegowina in die euro-atlantischen Institutionen ein. De Hoop Scheffer betonte, dies würde zur Stabilität der Region beitragen. Dennoch müsse Bosnien und Herzegowina dafür zunächst Bedingungen erfüllen. Dazu gehöre die Erhöhung des Drucks auf die Republika Srpska, damit diese mit dem UN-Kriegsverbrechertribunal (ICTY) zusammenarbeitet.

Kooperation mit Den Haag unabdingbar

Terzic sagte zu, auf die Regierung der Republika Srpska einzuwirken. Er werde alles tun, um sie zu überzeugen, dass die Zusammenarbeit mit dem Den Haager Tribunal unabdingbar ist und dem Wohle des Landes dient. "Der Premier von Bosnien und Herzegowina kann nichts versprechen, außer, dass er alles in seiner Macht stehende versuchen wird, den Druck auf die Regierung der Republika Srpska auszubauen sowie auf die Institutionen auf gesamtstaatlicher Ebene einzuwirken, um endlich diesen größten noch bestehenden Hinderungsgrund für die Integrationsprozesse von Bosnien und Herzegowina aus dem Wege zu räumen," erklärte Terzic.

Abkommen mit EU in greifbarer Nähe

Terzic traf sich auch mit dem Vorsitzenden der Europäischen Kommission, Jose Manuel Barosso, der dem Premier zu den bereits umgesetzten Reformen gratulierte und dessen Entschlossenheit lobte, das Land möglichst bald an die Europäische Union heranzuführen. Aber auch Barosso forderte mehr Kooperation mit dem ICTY in Den Haag: "Erst wenn das der Fall ist, und die Reformen fortgesetzt werden und die Zusammenarbeit mit dem ICTY verstärkt wird, dann glaube ich - und das ist eine konkrete Nachricht, die ich Herrn Terzic mitgegeben habe - werden wir im Mai eine Entscheidung über ein Assoziierungs- und Stabilisierungsabkommen mit Bosnien und Herzegowina treffen. Bis dahin muss aber noch viel unternommen werden. Allerdings glaube ich, dass das möglich ist."

Terzic im Interview mit DW-RADIO/Bosnisch

Nach seinen Gesprächen in Brüssel äußerte sich Premierminister Terzic in einem Interview mit DW-RADIO/Bosnisch.

DW-RADIO/Bosnisch: Herr Terzic, was war das Hauptthema Ihres Gespräches mit Solana?

Adnan Terzic: Wir haben besprochen, dass die Reformen, die wir in Bosnien und Herzegowina durchführen, eine große Ermutigung für die Vertreter der Europäischen Union darstellen. Die EU-Vertreter begrüßen, dass die Arbeitsfähigkeit des Ministerrates durch regelmäßige Treffen gewährleistet ist. Unsere Bitte um Aufhebung der Visumsbestimmungen für Bosnien und Herzegowina wurde mit großer Sympathie aufgenommen, und wir werden wohl auch sehr bald einen starken Einsatz des internationalen Bosnien-Beauftragten, Paddy Ashdown, gegenüber der EU in dieser Frage sehen.

Haben Sie Unterstützung für die Fortsetzung der Reformen im Verteidigungssektor bekommen?

Solana machte deutlich, dass die Zusammenarbeit mit dem ICTY, die Reform der Verteidigungsstrukturen und der Polizei die Prioritäten auf der Tagesordnung sind. Er sagte ferner, dass - bei all seiner Sympathie für Bosnien und Herzegowina - dort keine Verschlechterungen eintreten dürften.

Was bringen Sie als wertvollstes Souvenir von Ihrer Reise aus Brüssel mit?

Das ist, dass wir es geschafft haben, den Vertretern der EU nahe zu legen, dass wir bei der Anwendung europäischer Standards deutliche Fortschritte gemacht haben und dass darin keinerlei politisches Problem besteht. Ich denke, dass der Vorsitzende Barosso etwas völlig neues für EU-Politiker konstatiert hat, nämlich, dass er sehr schätzt, was wir erreicht haben beim Aufbau eines Staates – und das ist eine riesige Herausforderung, nicht nur für uns, sondern auch für die EU.

Alen Legovic, Brüssel, Sabrina Hodzic, Bonn

DW-RADIO/Bosnisch, 9.2.2005, Fokus Ost-Südost