Filmfestival Locarno
5. August 2009Argentinien und Iran, Brasilien und Malaysia, Südafrika und Kanada - das sind nur einige der Nationen, die in diesem Jahr im Wettbewerb in Locarno vertreten sind. Es ist also im besten Sinne des Wortes ein internationales Festival - in der Hauptkonkurrenz um den Goldenen Leoparden ausgeprägter noch als Cannes, Venedig und Berlin. Die drei Platzhirsche im internationalen Festivalzirkus setzen traditionell auf die klassischen Filmländer. In diesem Jahr hat man in Locarno zum Beispiel einen russischen Wettbewerbsbeitrag dabei, in der deutschen Hauptstadt gab es das schon länger nicht mehr.
Konkurrenz im eigenen Land
Internationalität ist natürlich noch kein Gütesiegel per se und sagt auch noch nichts über die Qualität der einzelnen Filme aus. Doch die Mischung (18 Produktionen aus 15 Ländern) sowie die vielen Weltpremieren sind beachtenswert. Dabei hat es Locarno in diesem Jahr nicht einfach. Mit dem Festival in Zürich ist der Traditionsveranstaltung im Tessin ein starker Konkurrent im eigenen Land erwachsen, der bereits Sponsorengelder abzieht. Stars sind deshalb kaum dabei im Jahrgang 2009.
Sorgen um die Zukunft
Gleichzeitig ist es der letzte Jahrgang unter der Ägide von Festivalleiter Frédéric Maire, ab September übernimmt Olivier Père aus dem Stab des Festivals von Cannes die Regie in Locarno, das seit jeher den Autorenfilm pflegt. Über die Zukunft des Filmfests macht sich deshalb so mancher Sorgen in der Kinoszene. Vielleicht auch darum hat man sich in diesem Jahr besonders viel Mühe gegeben mit dem Programm, das fast 400 Filme umfasst.
Retrospektive Manga
Neben der Vielfalt im Wettbewerb fällt die traditionelle, große Retrospektive in diesem Jahr besonders ins Auge. Unter dem Titel "Manga Impact - The World of Japanese Animation" wird ein umfassender Überblick über die Kunst des japanischen Zeichentrickfilms geboten. Der ist schließlich schon seit Jahren ein international höchst erfolgreiches Phänomen, beliebt gerade auch in Europa und Nordamerika.
Gezeichnetes für Erwachsene
Mangas und Animees (die japanische Bezeichnung für Zeichentrickfilme) lassen sich von der Machart zwar mit den bekannten amerikanischen Vorbildern à la Walt Disney vergleichen, kaum aber mit der inhaltlichen Vielfalt. Die gezeichneten und im Computer erstellten Filme aus Asien wenden sich nicht nur an Kinder und ein jugendliches Publikum. Sie bedienen sämtliche Genres vom Horror- über den Pornofilm bis hin zum Science-Fiction-, Fantasy- und romantischen Genre. Locarno ist das erste große internationale Festival, das sich ausführlich dieser Spielart des Kinos widmet.
Ganz großes Kino
Wie in jedem Jahr kann das Festival in Locarno auch 2009 mit dem wohl eindrucksvollsten Schauplatz für eine Filmvorführung prunken. Auf dem zentralen "Piazza Grande" können rund 8000 Zuschauer die abendlichen Vorführungen verfolgen. Auf dem riesigen, wunderschönen historischen Platz werden vor allem publikumswirksame Filme gezeigt.
Buck und Davaa für Deutschland
In diesem Jahr dabei ist unter anderem der neue Streifen des deutschen Regisseurs Detlef Buck ("Same same but different"). Zum Abschluss wird der Film der aus der Mongolei stammenden und in Deutschland arbeitenden Regisseurin Byambasuren Davaa gezeigt. Sie hatte vor einigen Jahren mit ihrer "Geschichte vom weinenden Kamel" einen veritablen Kunstfilmhit landen können.
Nina Hoss in der Jury
Ansonsten ist das deutsche Kino mit zwei internationalen Co-Produktionen im Rennen um den "Goldenen Leoparden" vertreten: die griechisch-deutsche Produktion "Akadimia Platonos/Platos Academy" von Fillipos Tsitos und der mit britischen und französischen Geldern entstandene Film "She, a Chinese" von Xiaolu Guo. Und die deutsche Schauspielerin Nina Hoss entscheidet am Ende mit, wer den Hauptpreis im Wettbewerb der 62. Ausgabe des Festivals von Locarno gewinnt.
Autor: Jochen KürtenRedaktion: Petra Lambeck