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Lokführer legen Zugverkehr lahm

10. März 2011

Die deutschen Lokführer haben für einheitliche Bezahlung getreikt. Landesweit kam es zu Zugausfällen und massiven Verspätungen. Auch der Güterverkehr war betroffen. Ein Ende des Tarifkonflikts ist nicht in Sicht.

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Ein S-Bahn Zug steht in Berlin vor dem Ostbahnhof auf der Strecke (Foto: dapd)
Vor allem die S-Bahnen fielen ausBild: dapd

Zumindest beim Streik sind die deutschen Bahner pünktlich. Um 4 Uhr haben am Donnerstagmorgen (10.03.2011) die Mitglieder der Gewerkschaft der Lokführer (GDL) im Personenverkehr ihre Arbeit niedergelegt. Schon am Mittwochabend, 20 Uhr, waren die Güterzugführer in den Ausstand getreten. Um 10 Uhr am Donnerstag ging der Ausstand wie angekündigt zu Ende.

S-Bahn-Netze betroffen

Eine Bahnkundin wartet in Berlin im Ostbahnhof auf einen Zug (Foto: dapd)
Streik führt zu langen WartezeitenBild: dapd

Die Folge: viele Zugausfälle und massive Verspätungen. Stark betroffen waren die S-Bahnen in Berlin, Hamburg, München, Nürnberg und Stuttgart, teilte die Deutsche Bahn mit. Auch im Regionalverkehr sei es im ganzen Land zu Behinderungen gekommen. Der am Morgen angelaufene Fernverkehr sei ebenfalls bestreikt worden. Ein weiterer Schwerpunkt des Streiks sei Köln gewesen, sagte ein Bahnsprecher. Fast die Hälfte aller S-Bahnen und Nahverkehrszüge fielen dort im morgendlichen Berufsverkehr aus.

Bayernweit fuhren ebenfalls nur wenige Züge. "In München haben wir einen Ersatzfahrplan organisiert, der zuverlässig gefahren wird und der im Internet abrufbar ist." Schon in Nürnberg aber habe es beispielsweise keine Ersatzpläne gegeben. Die Bahn teilte mit, sie bedaure die "erneuten, drastischen Einschränkungen" für ihre Kunden. Der Konzern setzte Hunderte zusätzliche Mitarbeiter unter anderem auf Bahnhöfen ein, um Reisende über Verspätungen und Verzögerungen zumindest zu informieren. Zwar normalisierte sich der Bahnverkehr am Nachmittag wieder, doch mussten sich Reisende noch bis zum Abend auf Behinderungen einstellen.

Güterverkehr im Osten lahmgelegt

Eine Anzeigetafel weist in Berlin im Ostbahnhof auf verspätete Züge hin (Foto: dapd)
Zugausfälle und Verspätungen seit 4 Uhr frühBild: dapd

Der Schwerpunkt des Güterverkehr-Streiks lag in Ostdeutschland. Da rund 500 Lokführer ihren Dienst nicht antraten, kamen insgesamt laut GDL mehr als 600 Güterzüge bis zum Donnerstagmorgen gar nicht oder allenfalls stark verspätet bei ihren Zielorten an.

"Wir haben im Güterverkehr teilweise 90 Prozent zum Stehen gebracht, im Personenverkehr über 80 Prozent. Die Wirkung ist enorm", sagte der Chef der Lokführergewerkschaft GDL, Claus Weselsky, in Mannheim. Wegen des Ausstands wichen zahlreiche Firmen auf die Straße aus und bestückten Lastwagen mit ihren Gütern.

Wirtschaft fürchtet Streikfolgen

Wirtschaftsvertreter übten harsche Kritik an der Lokführergewerkschaft. "Der Streik gefährdet Güterverkehr und Produktion zum Schaden der gesamten Volkswirtschaft", sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Werner Schnappauf. Die deutsche Wirtschaft rechne durch den Streik täglich mit Schäden in zweistelliger Millionenhöhe. Der Streik belaste unzählige Unternehmen etwa aus Stahl-, Chemie- und Automobilindustrie.

In der Regel kann die Industrie auf Reserven zurückgreifen oder Gütertransporte auf die Straße verlegen. "Wenn der Streik wie angekündigt nur einige Stunden dauert, bleiben die wirtschaftlichen Folgen überschaubar", sagt Patrik Thiele, Verkehrsexperte des Deutschen Industrie- und Handelskammertages in Berlin. "Je länger ein Streik dauert, desto gravierender sind die Folgen", so Thiele.

Fronten verhärtet

Container und Güterzuege stehen auf einem Umschlagbahnhof in Leipzig unter einer Kranbrücke (Foto: dapd)
Im Güterverkehr streiken die Lokführer seit MittwochabendBild: dapd

Auch nach den Arbeitsniederlegungen, ist ein Ende des Tarifkonflikts nicht in Sicht. Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber bezeichnete es als "absurd", dass die GDL den Güterverkehr der Bahn bestreike, um Druck auf die Wettbewerber im Personenverkehr auszuüben. Er forderte die Gewerkschaft auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

Die GDL möchte mit dem Streik einheitliche Tarifbedingungen für etwa 20.000 Lokführer der Deutschen Bahn (DB) und weitere rund 6000 bei der DB-Konkurrenz durchsetzen. Kernforderung sind einheitliche Einkommen auf dem Niveau des Marktführers DB sowie fünf Prozent Aufschlag auch bei den großen Konkurrenten Abellio, Arriva, Benex, Keolis, Veolia und Hessische Landesbahn. In einer Urabstimmung hatten sich mehr als 90 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder am Wochenanfang für einen unbefristeten Streik ausgesprochen.

Käßmann als Schlichterin?

Eine Anzeigetafel weist auf ausfallende Züge hin (Foto: dapd)
Bahn ruft Gewerkschaftler an den Verhandlungstisch zurückBild: dapd

Auch der Fahrgastverband Pro Bahn erwartet keine Einigung im Tarifstreit in absehbarer Zeit. Der Verbandsvorsitzende Karl-Peter Naumann sagte dem Sender MDR INFO, er schlage die ehemalige EKD-Vorsitzende Margot Käßmann als Vermittlerin vor.

Autorin: Marion Linnenbrink/Julia Hahn (afp, dapd, dpa, rtr, ots)

Redaktion: Dirk Eckert