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Lorbeer, Laura und die Liebe

Wenzel Bilger22. Juli 2004

Zu Petrarcas 700. Geburtstag zeigt das Museum für Angewandte Kunst in Köln die bedeutende Sammlung Speck. Petrarcas Werk und seine Persönlichkeit haben durch die Jahrhunderte das literarische Bewusstsein Europas geprägt.

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Der Dichter als moderner Mensch: Francesco PetrarcaBild: Helmut Buchen, Rheinisches Bildarchiv Köln

Von Köln war Francesco Petrarca während seines kurzen Besuchs im Juni 1333 angetan; obwohl die Stadt sich damals aus der Sicht des Liebhabers antiker Schriften im barbarischen Germanien befand. "Mit dem Vorurteil, Petrarca sei der erste Europäer gewesen, muss man aufräumen. Ihm war vor allem an einem geeinten Italien gelegen. Von seiner Freude am barbarischen Köln distanzierte er sich bald wieder", sagt der Kölner Arzt und Petrarca-Sammler Reiner Speck im Gespräch mit DW-WORLD.

Francesco Petrarca, Triumph der Liebe
Frühe Ausgaben der 'Trionfi' und des 'Canzoniere' bestechen in KölnBild: Helmut Buchen, Rheinisches Bildarchiv Köln

Der italienische Dichter, der mit Dante und Boccaccio zu den Größen der Literatur in toskanischem Vulgärlatein, also einer frühen Form des Italienischen, gehörte, wurde am 20. Juli vor 700 Jahren geboren. Die Petrarca-Sammlung findet nun Raum im Museum für Angewandte Kunst, weil die Ausstellung nicht nur die Petrarca-Rezeption über die Jahrhunderte dokumentiert, sondern auch die frühe Buchkunst in einer beeindruckenden Formenvielfalt zeigt.

Ein moderner Bibliophiler und Intellektueller

Druck, Titelseite eines Petrarca- Buches, Ausschnitt
Meisterhafte Buchkunst auf Pergament: Das 16. Jahrhundert ist gut vertretenBild: Helmut Buchen, Rheinisches Bildarchiv Köln

Reiner Speck sammelt seit fast 30 Jahren Handschriften und wertvolle Drucke vom Werk des Dichters. "Petrarca reizt einen als Büchersammler vor allem, weil er selbst ein Bibliophiler war", so Speck. "Ich wollte mich mit der Komplexität seiner Persönlichkeit beschäftigen." Es gibt keine Person vor Goethe, über die man soviel weiß, wie über ihn. Er, der seine eigene Person in seinen Texten untersucht und sie in seinen Briefen gezielt entwarf, gilt als die erste Verkörperung des modernen Intellektuellen.

Doch auch der erste Alpinist soll er gewesen sein, erklomm er doch als erster den rund 2000 Meter hohen Mont Ventoux ohne Zweck, aus bloßer Lust an der authentischen Naturerfahrung, die dem Menschen des Mittelalters fremd war. Ein Wegbereiter der Renaissance, widmete er sich zeitlebens seinen wichtigsten geistigen Vätern Vergil und Cicero.

Zwischen altem Rom und neuem Petrarkismus

Francesco Petrarca, Griseldis, Incipit-Seite
Handschriften und Drucke in verschiedenen Sprachen der Sammlung SpeckBild: Helmut Buchen, Rheinisches Bildarchiv Köln

Eben dieser Anschluss an die so genannte Goldene Latinität verbindet sich bei Petrarca mit der Leidenschaft und seinem diplomatischen Eifer für das Wiederaufleben der historischen Einheit des Römischen Reichs. Damit verbunden zeigte er unverblümt seine Verachtung für den Thron des Kaisers in Aachen, die Verlegung der Lehre mit der Gründung der Sorbonne nach Paris und den Sitz des Papstes in Avignon. In Rom sollte alles wieder zusammenlaufen. Und Petrarca gefiel sich in der Rolle des Hofdichters, ganz Vergil und seinem Kaiser Augustus gleich.

Der Geistliche und Dichter, Diplomat und Philologe wurde wegen seiner Gedanken und Texte, seiner Ideen und Naturbeschreibungen und vor allem seiner später "Canzoniere" genannten Sammlung von Liebessonetten über die Jahrhunderte bewundert, kritisiert, zitiert und interpretiert. Letztere waren allesamt der wunderbar lieblichen Donna Laura gewidmet, die ebenso wie die Figur Petrarca mindestens teilweise der Phantasie des Dichters entsprungen war und die er an die Pest verlor.

Petrarca Bucheinband
Ein früher Einband der 'Rime Sparsi', später 'Canzoniere' genanntBild: Helmut Buchen, Rheinisches Bildarchiv Köln

Der Petrarkismus, das heißt die Beschäftigung mit dem "Canzoniere" in der Lyrik, findet bis heute in Deutschland und der Welt seinen literarischen Ausdruck. "Alle, die ich für den Katalog ansprach, wollten mitmachen. Durs Grünbein und Joachim Sartorius waren gleich dabei", so Reiner Speck. Nach nun fast 700 Jahren, ist es vor allem seine Liebeslyrik, die als zeitlos schön und unvergänglich gilt: "Den 'Canzoniere' kann man durchaus mit ins Bett nehmen", sagt Speck.