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Inseln nur für Reiche

2. September 2009

Venedig wird im Sommer von Touristen überschwemmt. Mit dem Bau von Luxus-Hotels soll der exklusive Charme der Stadt mit ihren Inseln bewahrt werden. Ob das Konzept aufgeht, ist noch offen.

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Abendliche Stadtansicht in Venedig mit dem Canale Grande (Foto: dpa)
Venedig möchte seine Toruistenströme in den Griff kriegenBild: picture-alliance/ZB

Wohlriechende Öle, viel Bambusholz, Wände in zartem Grün - im Wellnessbereich des Hotelressorts "Bauer Palladio" arbeitet Angela. Ihre Hände streichen über den Rücken einer Dame, die auf einer Massageliege liegt. Hinter ihr stehen Cremetiegel und Fläschchen mit kostbaren Essenzen. Eine kleine Auswahl, nur das Beste. Die Augen geschlossen, den Körper entspannt genießt die Dame das Streichen, Kneten und Massieren. Danach wird sie von Angela in einen Bademantel gehüllt und mit einem speziellen Kräutertee versorgt.

Blick auf Venedig mit seinen engen Gassen (Foto: dpa)
Den Venezianern fehlt der Platz: Rund 60.000 Einwohner hat die Stadt - jedes Jahr kommen etwas mehr als 20 Millionen BesucherBild: picture-alliance/dpa

Besucherlimits als Schutzmaßnahme

Der Wellnessbereich liegt direkt am Kanal der Giudecca. Gegenüber ragt der Glockenturm des Markusplatzes in die Höhe. Die Dame mit der Teetasse in der Hand liebt diesen Platz. Sie hat ihn geschaffen, so wie das gesamte Hotelressort in den Mauern eines Konvents aus dem 16. Jahrhundert. "Ich habe versucht, ein Hotel zu schaffen, das mehr ist als eine Unterkunft mit Verpflegung. Mir ging es um Rückzug in die Natur, um Ruhe und Spiritualität, um eine andere Art von Gastlichkeit in Venedig", sagt Francesca Bortolotto Possati. Die zierliche Frau stammt aus einer alten venezianischen Familie, die in der Lagune mehrere Fünf-Sterne-Hotels besitzt.

Blick auf die Insel San Giorgio Maggiore in Venedig (Foto: dpa)
Kann eine Begrenzung der Besucherzahlen helfen?Bild: picture-alliance/dpa

Wenn Francesca Bortolotto Possati die sommerlichen Touristenströme betrachtet, die sich in Venedigs schmale Gassen ergießen, zieht sich ihr Herz zusammen. "Natürlich kann Venedig nicht seine Tore vor der Welt verschließen, aber es braucht eine Strategie und gewisse Limits für Besucher, damit sein Zauber nicht verschlissen wird", seufzt sie. Den Vorwurf, Venedig für eine elitäre Besucherschicht reservieren zu wollen, lässt sie nicht gelten: "Ich meine das als Schutzmaßnahme, um den Wert Venedigs zu bewahren. Venedig braucht ein Bewusstsein für seine Identität und muss entscheiden, was es in der Zukunft sein will."

Zu teuer für die Venezianer

Luftaufnahme: Blick über die Lagune (Foto: dpa)
Viele Venezianer haben ihre Lagune verlassenBild: picture-alliance/dpa

So denkt auch Marco Vidal, Präsident des "Vereins junger Venezianer". Er kämpft gegen den Bau weiterer Hotels in Venedig. "Wenn ich eine Wohnung suche, muss ich mit völlig überzogenen Mietforderungen rechnen. Die Stadt vergibt zwar auch Sozialbauwohnungen, aber es sind viel zu wenige und sie gehen nur an die untersten Einkommensschichten", schimpft der 28-Jährige. Der Mittelstand könne sich Venedig nicht mehr leisten. Die meisten Venezianer leben inzwischen in Mestre, auf dem Festland. Auch auf den kleinen Inseln, die bisher vom Tourismus weitgehend unbehelligt blieben, verdrängen Hotelprojekte zunehmend die Einwohner. "Der Tourismus hat sich so stark ausgebreitet, dass er den Venezianern, die nicht im Tourismus beschäftigt sind, den Raum nimmt", kritisiert Marco Vidal.

Doch Tourismus sei nicht gleich Tourismus, gibt Gianni Serandrei zu bedenken. Er definiert das noble Vier-Sterne-Hotel seiner Familie als Teil der venezianischen Stadtkultur und glaubt, es sei der Massentourismus, der die wohlhabenden Gäste verscheuche. Insofern begrüßt Gianni Serandrei den Bau von Luxusressorts auf den Inseln. Er hofft, Venedig werde so wieder etwas von seiner früheren Exklusivität zurückgewinnen.

Autorin: Kirstin Hausen
Redaktion: Julia Kuckelkorn / Andreas Ziemons