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Mädchen ohne Grenzen

Annegret Faber 27. April 2006

Der Girls' Day in Deutschland ist nicht nur eine Chance für Mädchen, sondern auch für manche Region, die mit der Abwanderung junger Menschen zu kämpfen hat. Jüngstes Beispiel: das Bundesland Sachsen.

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Bundeskanzlerin Merkel ermutigt Schülerinnen zum Erlernen moderner technischer BerufeBild: picture-alliance/ dpa/dpaweb

"Na, das finde ich eine total schöne Sache, weil man das nicht jeden Tag machen kann und Mädchen mal die Möglichkeit haben, in Jungsberufe rein zu schnuppern." Katrin Menke hat den Girls' Day 2005 nicht in der Schule verbracht, sondern bei der Bundespolizei in Leipzig. Hier wollte sie ein paar praktische Erfahrungen sammeln und sie durfte auch gleich zupacken: Wiederbelebungsversuche an einer unechten Wasserleiche, gehörten ebenso zum Programm wie das Anlegen von Handschellen an der Schulfreundin. Und alles gehörte zur Zukunftsplanung, denn vielleicht wird sie ihre Ausbildung bei der Polizei beginnen.

"Deutschland ist sehr konservativ"

Insgesamt 7000 Firmen haben sich bundesweit bereits im Jahr 2005 am Girls' Day beteiligt. 2006 werden weit mehr als 100.000 Mädchen den Tag nutzen, um sich den ein oder anderen Beruf in der Praxis anzuschauen. Das sei in Deutschland sehr wichtig, sagt Katrin Sohre. Sie arbeitet in der Stadt Leipzig für das Referat für Gleichstellung von Frau und Mann. Mädchen würden bei der Berufswahl noch viel zu sehr eingeschränkt, sagt sie, später im Beruf verdienten sie oft weniger und hätten es schwerer, in Führungspositionen zu gelangen. "Deutschland ist sehr konservativ, nicht nur im Vergleich zu den skandinavischen Ländern, sondern im Vergleich zu Frankreich, Spanien oder Italien." Frauen, die Kinder groß ziehen und einen Beruf ausüben, stünden in Deutschland nach wie vor als Rabenmütter da, sagt die Referentin.

Mädchen sind besser?

Auch Ansichten über typische Jungsberufe seien längst veraltet und stimmten mit der realen Situation nicht mehr überein. Der gesamte technische Bereich habe sich so stark verändert, dass es an der Zeit sei, mehr Platz für Frauen zu machen. "Die schulischen Ergebnisse der Mädchen zeigen eindeutig, dass sie hierfür besonders geeignet sind und dann kommen noch die motorischen, sensitiven Fähigkeiten hinzu und die sozialen Kompetenzen, die bei den Mädchen besser ausgeprägt sind, als bei den Jungs."

Den ersten Girls' Day gab es 1993 in den USA. Damals bekamen die Töchter schulfrei, um die Betriebe ihrer Eltern oder Verwandten zu besuchen. Acht Jahre später wurde dieser Tag auch in Deutschland und der Schweiz eingeführt. Andere europäische Länder wie die Niederlande, Luxemburg und Österreich zogen nach. Deutschland gibt seit 2001 den Mädchen schulfrei, immer am 4. Donnerstag im April.

"Dann gehe ich in ein anderes Land"

Leipzig: Neues Rathaus
Leipzig will seine Jugend nicht verlierenBild: Schmidt

Ein Jahr darauf entscheid sich auch Stadt Leipzig beim Girls' Day mitzumachen. Mehr als 70 Betriebe in der Stadt beteiligen sich inzwischen - von der Abrissfirma bis zum Institut für Troposphärenforschung öffnen viele ihre Türen zum "reinschnuppern". Nicht nur die Mädchen, auch die Firmen zeigen großes Interesse an diesem Tag, sagt Katrin Sohre. Der Grund sei, dass die Betriebe und Unternehmen in Leipzig ihren guten Nachwuchs kennen lernen und in Leipzig halten wollten. Besonders gut ausgebildete Mädchen verlassen ansonsten die Region, "weil in anderen Regionen vielleicht mehr Arbeitsplätze vorhanden sind".

Katrin Menke will sich in diesem Jahr neben der Bundespolizei noch einen anderen Berufsbereich genauer anschauen. Sie hat sich beim Umweltforschungszentrum angemeldet. Auch da verspricht sie sich interessante Einblicke. Eine Benachteiligung von Frauen am Arbeitsplatz? Das hält die junge Leipzigerin für überwunden. "Ich fühle mich nicht benachteiligt und ich denke, wenn ich ein Ziel habe, kann ich das schon erreichen. Wenn nicht, gehe ich eben in ein anderes Land."