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Mörder des Journalisten Dink verurteilt

25. Juli 2011

Viereinhalb Jahre nach dem Mord an dem türkisch-armenischen Journalisten Hrant Dink ist sein Mörder zu einer Haftstrafe von 22 Jahren und zehn Monaten verurteilt worden. Dink galt als Stimme der Armenier in der Türkei.

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Der Journalist Hrant Dink lächelt (Foto: AP)
Journalist Hrant Dink im November 2006Bild: AP

Ein Jugendgericht in Istanbul hat den Angeklagten Ogün Samast am Montag (25.07.2011) für die Bluttat zu 21 Jahren und sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Samast hatte den türkisch-armenischen Journalisten Hrant Dink im Januar 2007 in Istanbul auf der Straße erschossen. Der damals 17-Jährige wurde auch des unerlaubten Waffenbesitzes für schuldig befunden, wofür er weitere 16 Monate Haftstrafe bekam.

Stimme der Armenier in der Türkei

Ein Polizist steht vor Dinks Leiche am Tatort (Foto: AP)
Ermordet vor der Redaktionstür am 19.01.2007Bild: AP

Hrant Dink hatte armenische Wurzeln, wuchs allerdings in Istanbul auf. Er studierte Zoologie und Philosophie und war als Student im politisch linksgerichteten Spektrum aktiv, weswegen er mehrmals festgenommen wurde. 1996 gründete Dink die bilinguale türkisch-armenische Zeitung "Agos". In dem Blatt wurden Tabuthemen wie die Massaker gegen Armenier 1915 und Minderheitenrechte angesprochen. Dink galt als Stimme der Armenier in der Türkei. So schrieb er in seinem Text "Habt keine Angst" über die Armenier: "Wir wissen, was wir durchlebt haben. Und wenn ich auch das Wort Völkermord nicht benutzen soll, es handelt sich um eine Entwurzelung."

Wegen einiger Äußerungen in seinen Artikeln war der Journalist 2003 zu sechs Monaten Haft auf Bewährung wegen "Verunglimpfung des Türkentums" verurteilt worden. Nationalistische Gruppen bedrohten ihn daraufhin. Im Januar 2007 wurde der Journalist dann vor dem Gebäude der Wochenzeitung "Agos" in Istanbul erschossen worden. Nach der Ermordung zeigten viele Bürger ihren Protest offen. Hunderttausende Menschen gingen auf die Straße, in den Händen hielten sie Plakate mit der Aufschrift: "Wir sind alle Armenier."

Straßburg verurteilte die Türkei

Viele Menschen halten Platakate mit der Aufschrift auf Türkisch: 'Wir sind alle Armenier' (Foto: AP)
Trauer um Hrant Dink im Januar 2007Bild: AP

Dinks Familie warf den türkischen Behörden vor, Hinweisen auf eine Verwicklung der Sicherheitskräfte in den Mord nicht nachzugehen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte erhob im September 2010 schwere Vorwürfe gegen die Türkei. Die Regierung in Ankara habe das Leben Dinks nicht geschützt, obwohl die Behörden über die Mordpläne türkischer Nationalisten informiert gewesen seien, urteilte das Gericht in Straßburg. Der Familie des Journalisten sprachen die Richter Schmerzensgeld in Höhe von mehr als 100.000 Euro zu.

Anfang Juni 2011 verurteilte ein türkisches Gericht sechs Gendarmen wegen Vernachlässigung der Amtspflichten zu Haftstrafen. Der frühere Gendarmerie-Chef in der Schwarzmeerstadt Trabzon und ein lokaler Geheimdienstchef erhielten Haftstrafen von sechs Monaten, vier Untergebene bekamen Haftstrafen in Höhe von jeweils vier Monaten. Die Verurteilten wurden für schuldig befunden, das Attentat auf Dink nicht verhindert zu haben, obwohl sie konkrete Hinweise auf die Tat hatten.

Autorin: Olga Kapustina (afp, dapd, dpa, rtr)
Redaktion: Reinhard Kleber