1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Überraschender Rücktritt

13. November 2007

Die Nachricht kam völlig überraschend: Arbeitsminister Franz Müntefering hat aus privaten Gründen seinen Rücktritt bekannt gegeben. Neuer Bundesarbeitsminister wird Olaf Scholz. Vizekanzler wird Frank-Walter Steinmeier.

https://p.dw.com/p/CAsM
Franz Müntefering informiert die SPD-Fraktion über seinen Rücktritt(Quelle: DPA)
Kein leichter Abschied: Vizekanzler und Arbeitsminister Franz Müntefering informiert die SPD-Fraktion über seinen RücktrittBild: picture-alliance / dpa

Bundesarbeitsminister Franz Müntefering hat am Dienstag (13.11.2007) in Berlin offiziell seinen Rücktritt von seinen Regierungsämtern bekannt gegeben. "Ich möchte mich heute als Minister verabschieden", sagte der SPD-Politiker vor der Bundespressekonferenz. Er kündigte an, dass er nach dem Stand der Dinge am 21. November aus dem Kabinett ausscheide. Sein Nachfolger als Arbeitsminister soll der bisherige Parlamentarische SPD-Geschäftsführer Olaf Scholz werden. Neuer Vizekanzler soll Außenminister Frank-Walter Steinmeier werden.

Olaf Scholz (Quelle: DPA)
Wird neuer Arbeitsminister: Olaf ScholzBild: AP

Müntefering gab rein familiäre und persönliche Gründe für seinen Rückzug an. Seine Frau sei seit geraumer Zeit erheblich erkrankt. Es habe sich nun die Notwendigkeit einer schwierigen Operation ergeben, sagte Müntefering. Daran werde sich eine lange Phase der Rehabilitation anschließen. "Ich möchte dabei sein", sagte der Minister. Müntefering wies mehrfach auf den ausschließlich privaten Charakter seiner Entscheidung hin. "Ich würde mich sehr freuen, wenn viele dies akzeptierten." Die von SPD-Chef Kurt Beck getroffene Personalentscheidung - Scholz als sein Nachfolger und Außenminister Frank-Walter Steinmeier als Vizekanzler - nannte er "vernünftig und pragmatisch".

Serie von Niederlagen für Müntefering

Auch politische Gründe könnten den überraschenden Rücktritt erklären: Bei der Sitzung des Koalitionsausschusses in der Nacht zum Dienstag musste Müntefering eine schwere Niederlage hinnehmen. Die SPD konnte sich mit ihrer Forderung nach einem Post-Mindestlohn nicht durchsetzen. Müntefering gilt als starker Verfechter eines gesetzlichen Mindestlohnes und hatte immer wieder betont, wie wichtig es ist, dass jeder Vollzeitbeschäftigte von seinem Lohn auch leben können muss. Man sei am Montag aber nicht so weit gekommen, wie man hätte kommen können, sagte Müntefering. Beim Mindestlohn für die Post "hätte ich mir natürlich was anderes gewünscht", sagte der Arbeitsminister.

Aber auch im innerparteilichen Machtkampf mit SPD-Chef Kurt Beck war Müntefering unterlegen. Beck hatte sich mit seinem Vorstoß nach einer verlängerten Zahlung des Arbeitslosengeldes I für Ältere in der SPD durchgesetzt und auf dem Parteitag in Hamburg eine Mehrheit für seinen Vorschlag gesichert. Müntefering war dagegen, hatte aber versprochen, sich dem Mehrheitsvotum zu fügen. Der Arbeitsminister befürchtet eine Frühverrentungswelle und argumentiert, dass es für ihn wichtiger sei, Arbeit zu fördern.

Merkel bedauert Rücktritt

Bundeskanzlerin Angela Merkel reagierte mit Bedauern auf den Rückzug Münteferings. In einer Sitzung der Unionsfraktion sagte sie: "Franz Müntefering war ein Stabilisator. Er stand für die Vernunft in der SPD. Er war ein politisches Schwergewicht, und ich habe gut mit ihm zusammengearbeitet." Merkel würdigte, dass der Arbeitsminister aus persönlichen Gründen seinen Posten aufgeben wolle.

Nach den Worten von CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer hat der Ausgang des Koalitionsausschusses in der Nacht zum Dienstag keinen Grund für den Rückzug geliefert. Nach dem Rücktritt sei es nicht zwingende Logik, dass weitere personelle Veränderungen im Kabinett vorgenommen werden müssten. Die Entscheidung des Ministers stellt nach seinen Worten auch keine gefährliche Situation für die große Koalition dar.

Bütikofer: Nicht so leicht zu ersetzen

Grünen-Chef Bütikofer, (Quelle: AP)
Würdigte Müntefering: Grünen-Chef BütikoferBild: AP

"Er wird in der Regierung und in der SPD nicht so leicht zu ersetzen sein", sagte Grünen-Chef Reinhard Bütikofer. "Franz Müntefering war eine der entscheidenden Stützen dieser Regierung, er war aber zuletzt erkennbar politisch angeschlagen." Zur Zeit der rot-grünen Koalition sei Müntefering "ein manchmal harter, aber stets verlässlicher Partner" gewesen. "Seine politische Leistung, nicht nur für die SPD sondern auch für das Land, fordert Respekt ab", sagte Bütikofer.

Die FDP hat den Rücktritt als "politisch konsequent" bezeichnet. "Es werden noch weitere Minister folgen", sagte FDP-Generalsekretär Dirk Niebel in Berlin. "Bei allem Respekt vor familiären Gründen - dass dieser Rücktritt prompt nach dem Koalitions-Desaster der vergangenen Nacht erfolgt, zeigt, dass er auch politische Gründe hat", erklärte Niebel.

Müntefering ist seit dem Regierungsantritt der großen Koalition im November 2005 Bundesarbeits- und Sozialminister. Das Amt des SPD-Vorsitzenden hatte er zwischen März 2004 und November 2005 inne. (mg)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen

Mehr zum Thema

Weitere Beiträge anzeigen