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M&A ist kein Unwort mehr

Michael Knigge12. Juni 2004

Nach Jahren der Flaute kommt wieder Bewegung in den Markt für Fusionen und Übernahmen. Zwar laufen die Geschäfte in Deutschland noch schleppend, aber auch hierzulande sind Firmenzusammenschlüsse jetzt wieder denkbar.

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Bereit für Zukäufe: Deutsche BankBild: AP

Die Softwaregiganten Microsoft und SAP sprechen über eine Fusion, die Commerzbank verhandelt mit der niederländischen ING über den Kauf der BHF-Bank und die Deutsche Bank erklärt, sie suche nach geeigneten Übernahmekandidaten. Die Beispiele aus den vergangenen Tagen verdeutlichen, dass wieder Schwung in das Geschäft mit Fusionen und Übernahmen (Mergers & Acquisitions, M&A) gekommen ist.

"Das Klima hat sich geändert, wie man an den Gesprächen über eine Fusion von Microsoft und SAP sieht", sagt Jan Ising vom Institute for Mergers & Acquisitions (IMA) der Universität Witten-Herdecke im Gespräch mit DW-WORLD. "Man kann jetzt wieder mit Unternehmen über Fusionen reden, ohne gleich die Tür gewiesen zu bekommen", ergänzt er.

Wenig Freude an Übernahmen

Tatsächlich war M&A seit dem Platzen der New Economy-Blase 2001 zum Unwort geworden. Verständlicherweise, denn die Liste der Zusammenschlüsse und Firmenkäufe von denen hauptsächlich die Berater und weniger die Aktionäre profitierten, ist lang. Sie reicht vom Automobilkonzern DaimlerChrysler über die Telefongesellschaft Worldcom bis zum Medienunternehmen EM.TV.

Auf internationaler Ebene dreht sich das Fusionskarussell schon seit dem vergangenen Jahr wieder schneller. Damals kaufte die Bank of America in einer Riesen-Transaktion für 47 Milliarden Dollar den Wettbewerber FleetBoston Financial. Auch in diesem Jahr wurden schon branchenübergreifend zahlreiche Übernahmen besiegelt: in Europa erwirbt Air France die niederländische KLM, der US-Bierbrauer Anheuser-Busch kauft die chinesische Harbin Brewery und der japanische Internet-Dienstleister übernimmt Japan Telecom.

Deutschland hinkt bei Fusionen und Übernahmen dagegen international hinterher, betont Ising. Deutsche Unternehmen standen in den vergangen Jahren zudem meistens auf der Verkaufsseite und traten nicht als Einkäufer auf." So kaufte der US-Medienunternehmer Haim Saban den TV-Konzern ProSiebenSat1, die französische Sanofi-Synthelabo übernimmt den deutsch-französischen Konkurrenten Aventis und der amerikanische Kosmetik-Konzern Procter & Gamble erwirbt die Darmstädter Wella AG.

Antrieb von außen

"Wir hinken hinterher, weil der Aktienmarkt sich in Deutschland nicht so gut erholt hat wie die internationalen Börsen und Käufe meistens über einen Aktientausch stattfinden", erläutert Ising. "Außerdem werden in Deutschland Fusionen legislativ induziert - also von der Politik vorgegeben, statt aus dem Markt heraus vorangetrieben", fügt er hinzu und verweist auf die von der Bundesregierung angestoßenen Übernahmebemühungen der Deutschen Bank für die Postbank.

Dennoch werden auch in Deutschland Übernahmen und Fusionen wieder in den Vorstandsetagen diskutiert. "Ein klares Signal für die Trendwende ist, dass wieder Investmentbanker gesucht werden - zwar noch nicht öffentlich, aber der Markt ist wieder in Bewegung", sagt Ising. Schließlich würden die meisten M&A-Akivitäten von Banken an die Unternehmen herangetragen.

Banken, Automobil- und Technologie-Branche

Ising erwartet vor allem im Bankenbereich, der Automobilbranche und dem Telekom-Sektor Übernahmen und Zusammenschlüsse. In allen drei Sektoren sei eine Branchenkonsolidierung absehbar und notwendig. Aber auch in der Hochtechnologie- und Biotechnologie seien Fusionen zu größeren Einheiten zu erwarten.