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Macht und Einfluss von PotUS schwinden

23. Juni 2005

Der US-Senat hat schon zweimal eine Abstimmung über den Kandidaten von US-Präsident Bush für das Amt des UNO-Botschafters, John Bolton, abgelehnt. Er ist mittlerweile zum Symbol für Bushs schwindenden Einfluss geworden.

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Daniel Scheschkewitz

Am Dienstag (21.6.) musste Bill Frist, der Führer der republikanischen Mehrheitsfraktion im US-Senat mal wieder mit Präsident Bush essen gehen. PotUS ("President of the United States"), wie Bush in Insiderkreisen gerne genannt wird, wollte wissen, wann er denn nun endlich mit der Bestätigung seines Kandidaten für den UN-Posten rechnen könne? Schließlich ist es nun schon geschlagene drei Monate her, dass Bush Bolton als seinen Mann für den Top-Posten in New York benannte.

Frist, der sich selber Hoffnung macht, im Jahr 2008 Bushs Nachfolger zu werden, hatte leider keine guten Nachrichten für den Chef. Die Demokraten im Senat sind weiterhin wild entschlossen, mit ihren Abgeordneten eine Abstimmung über Bolton solange zu blockieren, bis die Regierung Verschlussakten über John Bolton herausrückt. Frist hatte allerdings in der Bolton-Frage nicht nur die Demokraten gegen sich. Bei dem erneuten Versuch am letzten Montag eine Abstimmung über den Kandidaten zu erzwingen, hatte der Fraktionschef ganz offensichtlich auch den eigenen Laden nicht im Griff. Insgesamt sechs republikanische Abgeordneten war Bolton inzwischen offenbar so suspekt geworden, dass sie der Abstimmung fernblieben.

Undurchsichtig

Was aber macht Bolton so umstritten? Der designierte Botschafter, der sich in der Vergangenheit als beherzter Kritiker der Vereinten Nationen hervorgetan hat, war im US-Außenamt in Bushs erster Amtszeit für Rüstungskontrolle zuständig. Dabei soll er Geheimdienstinformationen über syrische Waffenprogramme aufgebauscht, vielleicht sogar manipuliert, haben. Jedenfalls hält das Weiße Haus die fragliche Akte trotz beharrlichen Nachbohrens von Presse und Opposition unter Verschluss.

Ebenso unbeantwortet blieb bisher die Frage, warum Bolton sich vom Geheimdienst Informationen über 10 Kollegen beschaffte, von denen bekannt war, dass sie in wichtigen Fragen anderer Meinung waren als er. Der frühere Außenminister Colin Powell hat offenbar auch große Zweifel, ob Bolton der richtige Mann für die UNO ist. Powell wird von den Bolton-Gegnern gerne mit folgenden Worten über seinen früheren Mitarbeiter zitiert: " Clever, aber problematisch."

"Abrasieren"

Für die UNO-Skeptiker in den USA jedoch ist der schnauzbärtige Brillenträger mit der scharfen Rhetorik genau der richtige Mann, um den schwerfälligen Laden in New York mal richtig aufzumischen. Schließlich reden zurzeit ja alle von einer UNO-Reform. Doch ob das "Abrasieren" des UN-Hauptquartiers um sechs Stockwerke, wie es Bolton einst ironisch vorschlug, die richtige Art und Weise ist, um amerikanische Vorstellungen in der multilateralen Organisation durchzusetzen, bezweifeln in Washington nicht nur die Demokraten.

Für Präsident Bush drängt nun die Zeit. Im September trifft sich in New York die UN-Generalversammlung. Dann steht die geplante große UN-Reform zur Debatte. Da wollen auch die Amerikaner mitreden. Doch schon am 4. Juli geht der Kongress in die lange Sommerpause. Wenn Bolton bis dahin nicht bestätigt ist, wird die USA auf der Generalsversammlung ohne Botschafter vertreten sein. Das wäre ein politisches Armutszeugnis für Bush.

Dem zu Beginn seiner zweiten Amtszeit so selbstbewusst angetretenen Präsidenten bleiben nur zwei Möglichkeiten. Entweder er bedient sich eines Verfassungstricks, umgeht den Senat und beruft Bolton in der Sommerpause, was aber nur für ein Jahr lang ginge und als politisch unfein gilt. Oder aber er benennt einen neuen Kandidaten. Beide Optionen haben jedoch eines gemein: sie würden dem Präsidenten als Zeichen der Schwäche ausgelegt.