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Macht und Mythos des Kreml

Maja Dreyer16. Februar 2004

Erstmals ist die Geschichte des Kreml außerhalb Russlands in einer umfassenden Ausstellung zu sehen. Bis Ende Mai zeigt die Bundeskunsthalle in Bonn die Schau "Der Kreml. Gottesruhm und Zarenpracht".

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Der Kreml Anfang des 19. JahrhundertsBild: Staatliches kulturhistorisches Museum

Es ist kaum vorstellbar, dass aus dieser bescheidenen Holzfestung einmal das mythenschwere Zentrum einer Weltmacht werden würde. Aber das haben sich die Bewohner der kleinen Siedlung, die dort am Zusammenfluss von Moskwa und Neglinnaja gewachsen war, zu dem Zeitpunkt auch noch nicht denken können. Und genauso wenig wäre es ihnen in den Sinn gekommen, dass man heute, 850 Jahre später, einen virtuellen Rundgang über die mit Eichenholz ausgelegten Straßen ihrer Stadt machen kann.

Geschichte im Film

Das kleine Moskow, das im Jahr 1147 erstmals urkundlich erwähnt wird, wurde zur Keimzelle des Moskauer Kreml, dem Sitz des Staatsoberhauptes in Moskau. An diesem Zeitpunkt beginnt auch der Film, der mit einer computer-animierten Rekonstruktion die architektonische Geschichte des Kreml erzählt. Zu sehen ist er in einer Ausstellung der Bundeskunsthalle in Bonn. Sie zeigt noch bis Ende Mai 2004 erstmals die Geschichte des Kreml außerhalb Russlands in einer umfassenden Ausstellung: "Der Kreml. Gottesruhm und Zarenpracht". Die vielen Details an den Gebäuden des Holzkreml, des Weißen und später Roten Kreml lassen vermuten, wie viel Arbeit in dem 25 Minuten langen Film steckt. Tatsächlich entstand es auf Basis von rund 4000 Dokumenten – darunter auch aktuelle, noch unveröffentlichte Forschungen –, aus denen Wissenschaftler und Studenten die Kreml-Rekonstruktion erarbeiteten.

Manfred Koob, Professor für Architektur an der Technischen Universität Darmstadt, leitete das Vorhaben, bei dem seine Hochschule eng mit der Russischen Staatlichen Geisteswissenschaftlichen Universität Moskau zusammenarbeitete. Für ihn ist der Film zu einem Stück deutsch-russischer Freundschaft geworden, die sich zwischen den Mitarbeitern beider Universitäten entwickelt hat. "Man braucht den kulturellen Kontakt, um in die Seele des Bauwerks zu gelangen," sagt Koob. Verstehen, wie man im Land denkt, das gehöre ebenso zum Mythos Kreml wie die Pracht, die mit bloßem Auge zu sehen ist.

Neue Entdeckungen im Kulturaustausch

Auch auf russischer Seite ist die Begeisterung groß über das Ergebnis der Kooperation. Elena Gagarina, Generaldirektorin des Staatlichen Museums "Moskauer Kreml" drückt es so aus: "Das bloße Lesen ist die eine Sache, aber es ist eine andere, alles im Bild sehen zu können." Aber nicht nur bei der filmischen Rekonstruktion habe man in Russland viel dazulernen können, auch beim Gestalten der Ausstellung haben die beteiligten Museen in Russland viel Neues über ihren Kreml erfahren.

Ausstellung Der Kreml Gottenruhm und Zarenpracht
Ikone Muttergottes Eleusa aus dem 14. JahrhundertBild: Staatliches kulturhistorisches Museum

Die meisten Ausstellungsstücke – von Silberketten aus dem Kreml-Schatz, über die Ikonenmalereien bis hin zu dem Krönungsmantel der russischen Monarchen – stammen aus dem Moskauer Kreml-Museum. "Für uns ist das ein Schritt nach vorne, weil wir jetzt die Möglichkeit haben, den Kreml mit anderen Augen zu sehen," sagt Alexey Levykin, stellvertretender Leiter des Museums.

In einem Raum ist beispielweise anhand von Büchern und Karten zu sehen, wie sich Europa im 16. und 17. Jahrhundert Russland vorgestellt hat. Und an der Ausstellung selbst ist zu sehen, was man im 21. Jahrhundert unter Kulturaustausch versteht: 2006, zum 200-jährigen Jubiläum des Kreml-Museums, wird sie auch in Moskau zu sehen sein.